Der Showprozess

Wie amerikanische Medien das Gerichtsverfahren gegen den irakischen Exdiktator Saddam Hussein bewerten

Die deutlichsten Worte sprach Sean Hannity, Moderator beim konservativen US-Nachrichtensender Fox News: „Dieser Mann ist schuldig. Die Vergewaltigungen, Folter und Massenmorde, die unter seiner Aufsicht liefen, sind historisch belegt. Wir haben sogar alles auf Video.“ Kritik am Prozess gegen den ehemaligen Diktator Saddam Hussein ließ Hannity nicht zu. Zur Bestätigung seiner Thesen zeigte der Sender im Abendprogramm am Mittwoch Bilder von toten Kurden und Schiiten in einer Endlosschleife. Als sein liberaler Mitmoderator Alan Colmes darauf hinwies, dass selbst Saddam Anspruch auf ein faires Verfahrenen hätte, pfiff Hannity ihn zurück: „Das Beweismaterial ist ja wohl eindeutig.“

Statt regierungstreuer Studiomeinung war beim Konkurrenzsender CNN Platz für Zwischentöne und abwägende Reportagen. Christiane Amanpour berichtete live über den Prozess und den dazugehörigen Medienzirkus. Nic Robertson fing Kommentare von Bürgern auf der Straße ein. Ein Mann ließ vor laufender Kamera seiner Wut über die Amerikaner freien Lauf, ein anderer schimpfte über Saddam. „Eins ist klar“, schlussfolgerte Robertson, „der Saddam-Prozess ist erst ein Anfang. Die meisten Probleme liegen noch vor uns.“

Auch in den Printmedien gehen die Meinungen auseinander. Die größte amerikanische Tageszeitungen USA Today verglich das Tribunal gegen Saddam mit den Naziprozessen von Nürnberg nach dem Zweiten Weltkrieg. „Hier geht es um mehr als nur das Schicksal eines einzelnen Mannes. Der Prozess ist ein Symbol für den Irak, für den gesamten Mittleren Osten und die ganze Welt.“ Dass die Amerikaner bei dem Verfahrenen eine beratende Rolle spielen, gefällt USA Today gut: „Irakisches Recht unter amerikanischer Aufsicht ist die beste Chance für Iraker, sich mit ihrer Geschichte auseinander zu setzen.“ Zwar seien Umstände und Timing nicht perfekt, man empfehle den Lesern aber, das Verfahren zu unterstützen und nicht kaputtzudiskutieren.

Linksliberale Medien wie die Washington Post und die New York Times hingegen stellen das Modell in Frage. Die New York Times fordert sogar, dass internationale Rechtsexperten bei dem Verfahrenen hinzugezogen werden sollen, damit nach international geltendem Strafrecht verhandelt werden könnte. „Der einzige Grund, warum die Bush-Regierung und ihre irakischen Verbündeten so vehement dagegen waren, ist, dass dies die Todesstrafe ausgeschlossen hätte.“ Was nun beginne, so die Times weiter, sei der Versuch einer engstirnigen US-Regierung, durch einen Showprozess eine militärisch ausweglose Schlacht nun doch noch zu gewinnen. Das Ziel sei die politisch seit langem gewollte Exekution von Saddam Hussein. CARLA PALM