Europa Griechenland schiebt 124 Migranten, darunter viele Pakistaner, auf das türkische Festland ab
: Von Lesbos in die Türkei

MIt Frontex-Eskorte: Abschiebung am Freitag Foto: Moutafis/ reuters

Aus Athen Theodora Mavropoulos

Vier Tage nach den ersten Abschiebungen sind am Freitag weitere Migranten von den griechischen Inseln Lesbos, Kos und Samos in die Türkei verbracht worden. Die Abschiebungen sind Teil der Vereinbarung zwischen der EU und der Türkei: Alle Migranten, die seit dem 20. März in Griechenland ankommen, sollen in die Türkei zurückgebracht werden. Nur Asylsuchende, die beweisen können, dass sie in der Türkei verfolgt werden, sind davon ausgenommen.

Um etwa 8.30 Uhr Ortszeit verließ das erste Schiff mit 45 Menschen den Hafen von ­Mytilini auf der Insel Lesbos. Zuvor versuchten drei AktivistInnen, die sich mit etwa 30 Protestierenden am Hafen versammelt hatten, das Schiff an der Abfahrt zu hindern. Sie sprangen ins Wasser und hielten sich an der Ankerkette fest. Sie wurden von der griechischen Wasserschutzpolizei festgenommen.

Gegen 10 Uhr wurden weitere 79 Menschen auf einem zweiten Schiff in die Türkei abgeschoben. Sie wurden zuvor von den Inseln Kos und Samos nach Lesbos gebracht, um von dort aus in den türkischen Hafen von Dikili deportiert zu werden. Von den insgesamt 124 Abgeschobenen stammen 111 aus Pakistan, zwei aus Bangladesch, vier aus dem Irak, weitere vier aus Indien, einer aus Marokko, einer aus Ägypten und ein weiterer aus Palästina.

„Die Menschen aus Lesbos, die ausschließlich aus Pakistan stammten, waren über ihre Rechte Informiert und hätten einen Asylantrag stellen können“, sagte Boris Cheshirkov, Sprecher der UN-Hilfsorganisation UNHCR auf Lesbos. Sie hätten keinen Asylantrag stellen wollen, weil sie sich keine Chancen einräumten, den notwendigen Flüchtlingsstatus auch zu bekommen. Das gelte auch für die Personen, die aus Chios und Kos kamen, so das griechische Staatsfernsehen ERT. Jeder Mensch, der in die EU gelangt, hat das Recht, einen Asylantrag zu stellen, der dann geprüft werden muss. Bei den ersten Abschiebungen am Montag wurde 13 Menschen dieses Recht verwehrt. Sie hätten der UNHCR zuvor mitgeteilt, einen Antrag stellen zu wollen, so Cheshirkov. UNHCR-MitarbeiterInnen in der Türkei seien mit den 13 Pakistanern in Kontakt.

Flug in die Heimat: Erstmals ist ein zwischen der deutschen und der tunesischen Regierung verabredetes erleichtertes Abschiebeverfahren angewendet worden. Mit einer Chartermaschine wurden am Donnerstag vom Flughafen Leipzig/Halle aus 24 ausreisepflichtige Tunesier zurück in ihr Heimatland gebracht. Die meisten Abgeschobenen waren laut sächsischem Innenministerium in Deutschland straffällig geworden.

Wenige Rückkehrer: Im vergangenen Jahr waren rund 26.000 Menschen aus dem Maghreb registriert worden. Die Zahl der Ausreisepflichtigen lag Ende Dezember bei über 6.100. Abgeschoben wurden 2015 aber nur 135 Marokkaner, Algerier und Tunesier. (dpa)

Die Situation der Flüchtlinge auf den griechischen Inseln wird immer angespannter. Auf der Insel Chios warfen in der Nacht zu Freitag Rechtsextreme Feuerwerkskörper auf Migranten. Auf Lesbos ist das für 1.500 Menschen bestimmte Flüchtlingscamp mit mehr als 3.000 Menschen überfüllt.

Der Flüchtlingsstrom sei im Vergleich zum Vormonat zwar stark zurückgegangen, teilte der Krisenstab der griechischen Regierung zur Flüchtlingskrise mit. Doch trotz der Abschiebungen kommen immer noch Boote auf den Inseln an – bis zum ­frühen Freitagmorgen wurden 149 Neuankömmlinge gezählt.