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Die Kunstbonbons im Zuckerwarenladen der Museen und Messen

Heute eröffnet zum dritten Mal die Frieze Art Fair. Wieder erwarten Veranstalter und Galerien im Regent’s Park Traumumsätze wie im vergangenen Jahr, 26 irrsinnige Millionen Pfund für Gegenwartskunst waren es da. Der Messetermin vom 21. bis 24. Oktober ist eine klare Kampfansage an die Art Cologne, die eine Woche später eröffnet. Viele Aussteller, die sonst auf beiden Messen waren, haben sich nun für London entschieden. Dort hangelt sich die Kunstszene jetzt von einer Eröffnung zur nächsten: Diane Arbus, Isaac Julien, Turner-Prize, Jeff Wall, Jonathan Monk, Paul McCarthy, und das alles innerhalb weniger Tage. Medienwirksam wurde vergangene Woche auch die diesjährige Arbeit der so genannten Unilever Series in der Turbinenhalle der Tate Modern eröffnet, Rachel Whitereads Skulptur „Embankment“, die bis 2. April 2006 zu sehen ist. Die Turbinenhalle, dieses große, schöne Monstrum, mit guter Kunst zu füllen, ist längst zur Herausforderung für jeden renommierten Künstler geworden. Whiteread, 1963 in London geboren, hat nun die hintere Hälfte der Halle mit mattweißen Boxen angefüllt. Von ihrer Funktion, Dinge zu verstauen, befreit, stapeln sie sich wie große Ziegel zu meterhohen Türmen, Bergen und Quadern. Trotz seiner Größe ist „Embankment“ ästhetisch eher unspektakulär, wieder bleibt die Turbinenhalle der heimliche Star. Die zerfurchte Landschaft erinnert an die geometrische Starrheit des Londoner Bankenviertels auf der anderen Seite der Themse, in ihrer stumpfen Tristesse aber auch an eine Papierfabrik in Westfalen. Dann sieht die Skulptur wieder aus wie ein Haufen Zuckerstücke, in dem Riesenbabys gewütet haben. Das schafft eine unerwartete Nähe zur Frieze Art Fair. Die beschrieb ein bekannter Kurator kürzlich als großen Süßigkeitenladen, in dem sich Kinder aus gutem Hause um zu teure Bonbons streiten. JULIA GROSSE FOTO: MARCELLA LEITH/TATE PHOTOGRAPHY

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