Einbruch? Sicher!

KRIMINALITÄT Die Zahl der Einbrüche in Berlin ist drastisch gestiegen – in Häusern noch mehr als in Wohnungen. Die Opfer leiden nicht nur unter den materiellen Folgen

In belebten Bezirken wie etwa in Mitte fallen verdächtige Personen kaum auf

VON JÖRN WEGNER
UND ALKE WIERTH

Die auffällig hohe Zahl von Wohnungseinbrüchen in Berlin und Brandenburg während der Weihnachtszeit liegt voll im Trend. Bereits in der ersten Hälfte des Jahres 2012 verzeichnete die Kriminalitätsstatistik der Polizei Berlin bei Wohnungseinbrüchen eine Zunahme von 37 Prozent. Während der Feiertage kam es zu 16 Festnahmen wegen versuchter oder vollzogener Einbrüche. In Brandenburg wurden vor allem Firmen und Einfamilienhäuser zu Einbruchszielen. Gestohlen wurden neben Geld, Technik und Schmuck auch eine Golfausrüstung und ein Auto, dessen Schlüssel die Einbrecher in einem Haus fanden.

Seit 2006 steigt die Zahl der Einbrüche in Berlin: von damals etwa 6.300 auf über 11.000 im Jahr 2011. Gleichzeitig sank die Aufklärungsquote von fast 15 auf 8,1 Prozent.

Viele Täterinnen

Von den ermittelten Tatverdächtigen waren laut der Polizeilichen Kriminalitätsstatistik (PKS) letztes Jahr 44 Prozent nicht deutsche Staatsbürger, fast 40 Prozent waren jünger als 21 Jahre. Die Zahl der weiblichen Tatverdächtigen stieg von gut 10 Prozent im Jahr 2010 auf über 16 Prozent im Folgejahr. Die Polizei sieht darin einen Trend: „Insbesondere bei Wohnungseinbrüchen in Citylage“ würden vermehrt „gemeinschaftlich tätige junge weibliche Tatverdächtige festgestellt, die im Wirkungskreis organisierter und bandenmäßig strukturierter reisender Tätergruppen“ agierten, heißt es in der PKS 2011.

Im Fall von Einbrüchen in Einfamilienhäuser, deren Zahl prozentual noch stärker als die von Wohnungseinbrüchen ansteigt, machte die Polizei dagegen „kleine, spezialisierte und nicht selten international vernetzte Gruppierungen“ als Tatverdächtige aus. Mit 83 Prozent nehmen Einbrüche in Wohnungen aber den weitaus größeren Anteil ein – allerdings ist auch nur jede zehnte Berliner Wohneinheit ein Einfamilienhaus.

Besonders betroffene Bezirke waren im Vorjahr Tiergarten, Mitte, Gesundbrunnen und Grunewald. Hohe Zuwachsraten verzeichnet laut dem Kriminalitätsatlas der Berliner Polizei auch das südliche Neukölln. Die Gründe für die Bevorzugung bestimmter Wohnlagen sind der Polizei zufolge vielfältig: Sie reichen von schlecht gesicherten Wohnungstüren im preiswerten Altbaubestand wie etwa in Gesundbrunnen über überdurchschnittliche Vermögenswerte in guten Wohnlagen bis zu der Tatsache, dass an belebten Orten wie etwa in Mitte verdächtige Personen kaum auffallen.

Die Polizei begegnet der Zunahme etwa durch mehr Sondereinsätze, bei der zusätzliche Kräfte vor allem in Zivil in belasteten Gegenden nach Verdächtigen Ausschau halten. In Neukölln kam es so vor den Feiertagen zu fünf Festnahmen. Eine Serie von nächtlichen Einbrüchen in bewohnte Wohnungen in Kreuzberg hatte die Polizei Anfang Dezember dazu veranlasst, BürgerInnen zu empfehlen, sie sollten ihre Wohnungstüren auch dann abschließen, wenn sie zuhause sind. Die Serie sei aber beendet, seit Mitte Dezember ein 20-jähriger Tatverdächtiger verhaftet wurde, erklärte die Polizeipressestelle auf taz-Anfrage,

Um es Einbrechern möglichst schwer zu machen, unterhält die Polizei am Platz der Luftbrücke eine Beratungsstelle zur Einbruchsprävention. Dort bieten die Beamten Hilfe und Tipps zur Sicherung von Türen und Fenstern, zu Alarmanlagen und anderen technischen Sicherungsmaßnahmen an. Die Polizei rät, Kontakt zu Nachbarn zu suchen und auf unbekannte Personen in Treppenhäusern zu achten.

Neben den materiellen Verlusten kann ein Einbruch auch psychologische Folgen haben. Betroffene verlören durch das Eindringen Fremder in den „persönlichen Kokon“ ihres Heims das Gefühl, das eigene Leben unter Kontrolle zu haben, sagt der Psychologe Benjamin Martens vom Online-Portal psycheplus: Das könne „anhaltende Grundängste auslösen“. Um das Erlebte besser zu verarbeiten, rät er, die Schuld nicht bei sich selbst zu suchen, seine Lebensgewohnheiten möglichst wenig zu verändern und bei der Aufarbeitung des Geschehenen „nicht alleine zu bleiben“. Eine Studie der Universität Homburg ermittelte, dass 70 Prozent der Einbruchsopfer mitunter noch Jahre später unter Angstzuständen leiden.