Schon wieder dieser Bumerang

Dauermisere Nach der 0:2-Heimniederlage gegen Hoffenheim rückt für Eintracht Frankfurt der fünfteAbstieg seit 1996 immer näher – zumal der Klub derzeit über keinen Spieler verfügt, der das Tor trifft

Kein glückliches Füßchen: Eintracht-Profi Timothy Chandler (l.) versucht Kevin Volland zu stören Foto: reuters

Aus Frankfurt Frank Hellmann

Über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten. Gewöhnungsbedürftig waren die Karo­muster ja schon, die Peter Fischer in der Frankfurter Arena im Heimspiel gegen die TSG Hoffenheim (0:2) trug. Der Eintracht-Präsident besitzt nicht nur ein Faible für auffällige Anzüge, sondern die Gabe zu markigen Sprüchen. Vom 58-Jährigen stammt das Zitat aus dem Mai 2011, als die Hessen zum bisher letzten Mal aus der Bundesliga abstiegen. Über eine „Rückrunde der Schande“ wetterte Fischer damals, weil eine heillos zerstrittene Mannschaft selbst vom Trainerguru Christoph Daum nicht gerettet werden konnte und schlussendlich die Fans in einer gewaltigen Frust­aktion nach dem Heimspiel gegen den 1. FC Köln randalierten.

Mit dem mit 0:2 verlorenen Kellerduell gegen die TSG Hoffenheim deutete sich an, dass sich Geschichte wiederholen könnte – mit erhobenen Fäusten verjagten die Anhänger die Spieler von der Fankurve. Die Eintracht ist dem Sturz in die zweite Liga – es wäre der fünfte Abstieg seit 1996 – ein ganzes Stück näher gekommen. Es wäre der nächste Nackenschlag in der Mainmetropole, weil alle avisierten Entwicklungsschritte dieses Vereins damit konterkariert würden.

Dass an diesem 29. Spieltag bei den Hessen mehr kaputt gegangen sein könnte, bemerkte auch Frankfurts Vorstandsboss Heribert Bruchhagen, der von einer „schweren Stunde“ sprach. Der 67-Jährige hat sich in seiner letzten Saison alles vorstellen können, nur bitte nicht noch einmal ein Horrorjahr wie 2011. „Wir können alle die Tabelle lesen“, räumte Bruchhagen ernüchtert ein.

Und auch den Restspielplan: Zunächst geht es zum Cham­pions-League-Kandidaten Bayer Leverkusen, am vorletzten Spieltag kommt das Spitzenteam Borussia Dortmund, zwischendrin stehen die Derbys gegen den FSV Mainz 05 und beim SV Darmstadt 98 an, ehe dann vielleicht am 14. Mai der entscheidende Showdown bei Werder Bremen steigt. „Wir gehen jetzt mit einer Hypothek in die letzten Spiele“, findet Bruchhagens Vorstandskollege Axel Hellmann. Für ihn funktionieren die finalen Partien „nach eigenen Regeln, nach einer eigenen Dramaturgie“.

Aber wer bitte soll bei der Eintracht Tore schießen? Seit sich Torjäger Alexander Meier verletzt hat, läuft im Sturm nichts mehr zusammen. Aus den letzten elf Begegnungen gab es nur einen Sieg, in den vergangenen acht Spielen sind lediglich zwei Treffer gelungen. „Vorne fehlt uns der letzte Wille, der letzte Drive, der letzte Überblick“, klagte Trainer Niko Kovac.

Wie vor fünf Jahren hat man zu langedie Alarmsignale ignoriert

Dem 44-Jährigen dämmert, dass er mit seinem Bruder zu spät eingestiegen ist, weil sich nicht alle Versäumnisse beheben lassen, die ihnen Vorgänger Armin Veh eingebrockt hat. Wie vor fünf Jahren bei Michael Skibbe haben die Verantwortlichen zu lange die Alarmsignale ignoriert. Mit dem kroatischen Gespann nur die Leidenschaft wiederzubeleben und die Grundordnung zu verbessern, könnte auf der Zielgeraden zu wenig sein.

Gerade dann, wenn Akteure so naiv verteidigen wie Kaan Ay­han vor dem 0:1 von Nadiem Ami­ri (62.). „Da hätte er raustreten und ein taktisches Foul machen müssen“, kritisierte Kovac die Schalker Leihgabe, die hereinkam, weil Abwehrchef Carlos Zambrano Oberschenkelprobleme angemeldet hatte. Eine Schutzmaßnahme, die zum Bumerang wurde.

Kovac klammert sich nunmehr an die Hoffnung, dass es „bis zum letzten Spieltag eine enge Kiste“ wird – und wenn es dann in die Relegation gehe, sei notfalls auch etwas gewonnen. „Es wird nicht leichter, wenn die Spiele weniger werden.“ Aber die Mannschaft sei „im Kopf klar, es geht jetzt weiter“. Allerdings scheint die Spieler auch eine gewisse Ratlosigkeit befallen zu haben. „Was soll ich jetzt machen? In den Urlaub fahren?“, baffte beispielsweise Stefan Aigner auf die Frage nach den Chancen auf den Ligaverbleib. Der Einwand wirkte ähnlich unpassend wie das Outfit des Präsidenten.