DIE UNO BRAUCHT EINEN STÄNDIGEN FONDS FÜR IHRE KATASTROPHENHILFE
: Helfen ohne Eitelkeit

Nach dem Tsunami in Süd- und Südostasien zu Weihnachten 2004 war die internationale Hilfsbereitschaft beispiellos. Milliarden von Hilfsgeldern flossen innerhalb von kürzester Zeit. Doch das Erdbeben in Pakistan hat die Illusion einer neuen internationalen Solidarität zerstört.

Von 312 Millionen US-Dollar für Soforthilfe, die die UN-Hilfswerke nach der Katastrophe veranschlagten, seien bislang lediglich zwölf Prozent fest zugesagt, erregte sich UN-Generalsekretär Kofi Annan jetzt. Der Tsunami-Hilfsappell sei hingegen zehn Tage nach der Katastrophe zu 80 Prozent finanziert gewesen. „Wir brauchen Hubschrauber, Lastwagen und schweres Gerät“, sagte er. „Wir brauchen zwei Millionen Decken und Schlafsäcke. Wir brauchen Wasser und sanitäre Einrichtungen. Wir brauchen Lebensmittel.“

Pakistan ist kein Einzelfall, wie die verspätete internationale Reaktion auf die Hungerhilfsappelle in Niger im Frühsommer gezeigt hat. Und ähnliche Appelle für Millionen Hungernde in Malawi und anderen Ländern im südlichen Afrika stoßen derzeit auf noch viel weniger Interesse. Es zeigt sich eine Notwendigkeit, die UN-Verantwortliche immer wieder betonen, auf die aber keiner hört: die eines zentralen internationalen Nothilfefonds, in dem Spendengelder präventiv gesammelt werden können, damit im Notfall Soforthilfe möglich ist. Etwa eine Milliarde Dollar wünscht sich die UNO dafür. Wenn in New York ein Großbrand ausbricht, müsse die Feuerwehr ja auch nicht erst zum Spenden von Löschfahrzeugen aufrufen, so Annan.

Der Grund, warum es diesen Fonds nicht gibt, ist einfach. Gäbe es ihn, könnten sich beim nächsten Erdbeben oder der nächsten Flutwelle die reichen Regierungen – und auch die reichen Hilfswerke – nicht mehr medienwirksam in Szene setzen. Die Hilfsmaschinerie würde ganz alleine anlaufen. Und es ist haushaltstechnisch viel schwieriger, Nothilfegelder vor als nach einer Notsituation auszuzahlen. Aber Eitelkeiten und Geiz dürfen keine Rolle spielen – weder in den verschütteten Bergdörfern Kaschmirs noch in Malawis Hütten voller Hungernder. DOMINIC JOHNSON