EU-Türkei-Deal

Nun wird das umstrittene Abkommen umgesetzt.Griechenland bringt die ersten Migranten in die Türkei

Argumente gegen die Abschiebung

Recht Asylanträge können die Abschiebung verzögern. In der Regel dürften sie aber für unzulässig erklärt werden

FREIBURG taz | Die Rückführung von Flüchtlingen in die Türkei werde „im Einklang mit EU-Recht und Völkerrecht“ durchgeführt. Das versicherte am Montag die EU-Kommission, die die Abwicklung des Deals koordiniert.

Zunächst werden nur Personen zurückgeführt, die in Griechenland keinen Asylantrag gestellt haben. Diese gelten deshalb als illegale Einwanderer, für die es kein weiteres Verfahren gibt. Ursprünglich hat kaum ein Flüchtling in Griechenland um Asyl gebeten, weil fast alle nach Mittel- und Nordeuropa wollten. Seit bekannt ist, dass mit einem Asylantrag die Rückführung zumindest aufgeschoben werden kann, haben Tausende Anträge gestellt.

Alle Flüchtlinge, die in Griechenland Asyl beantragt haben, werden individuell befragt, versicherte die EU-Kommission. Bei einer Ablehnung des Antrags könne ein Gericht angerufen werden. Als Hilfe für dieses Verfahren seien aus anderen Staaten 400 Asylentscheider, 400 Übersetzer und 30 Richter angefordert worden.

In der Regel dürften die Asylanträge aber für unzulässig erklärt werden. Denn Griechenland hat am Freitag die Türkei zum „sicheren Drittstaat“ erklärt. Das heißt: Das eigentliche Asylverfahren soll in der Türkei stattfinden. Soweit jemand (vor allem Syrer) in der Türkei bereits einen Aufenthaltsstatus hatte, gilt die Türkei zudem als „Land des ersten Asyls“. Auch das macht den Asylantrag in Griechenland unzulässig. Die Türkei hat versichert, dass Personen, die dort bereits Schutz hatten, diesen wieder bekommen und dass Personen, die dort erstmals internationalen Schutz beantragen, ein Asylverfahren erhalten.

Das Konzept, dass Flüchtlinge in einen „sicheren Drittstaat“ zurückgeführt werden können, ist in der EU-Verfahrensrichtlinie von 2013 geregelt (Artikel 38). Danach kann der Asylsuchende gegen die Rückführung vor allem zwei Argumente vorbringen, die noch in Griechenland geprüft werden müssen. Erstens ist eine Rückführung nicht erlaubt, wenn der konkrete Flüchtling im Drittstaat „nicht sicher ist“. Zweitens muss der Flüchtling eine „Verbindung“ zum Drittstaat haben, eine bloße Durchreise genügt nicht.

Ein Flüchtling kann bei dieser Prüfung also nicht alle Punkte anführen, die rechtlich gegen eine Einstufung der Türkei als sicherer Drittstaat sprechen. So wird es ihm nicht helfen, dass syrische Flüchtlinge nicht mehr in die Türkei eingelassen werden, denn das schafft für ihn persönlich keine Gefahr. Relevant ist dagegen der Vorwurf von Amnesty International, dass die Türkei auch syrische Flüchtlinge, die schon in der Türkei leben, nach Syrien abgeschoben hat. Hieran könnten die Rückführungen noch scheitern. Christian Rath