THEATER

TheaterEsther Slevogtbetrachtet das Treibenauf Berlins Bühnen

Der Titel ist inzwischen berühmter als die Geschichte dahinter: „Einer flog über das Kuckucksnest“. Also noch mal kurz erzählt, worum es geht: Um einer Gefängnisstrafe zu entgehen, zu der er wegen Glücksspiel, Gewalttätigkeit und „Unzucht“ verurteilt wurde (wie das 1962 noch hieß, als der Roman von Ken Kesey erschien, auf dem die Geschichte beruht), simuliert Randle Patrick McMurphy eine psychische Erkrankung und wird zur Prüfung seines Geisteszustandes in eine Klinik eingeliefert. Dort trifft er auf eine sadistische und herrschsüchtige Krankenschwester, einen machtbewussten Psychiater und diverse Klinikinsassen, darunter der taubstumme Chief Bromden, der Freundschaft mit McMurphy schließt. Der Roman, im Jahr darauf auch das darauf basierende Theaterstück von Dale Wasserman und 1975 schließlich der berühmte Spielfilm von Milos Forman mit Jack Nicholson stellen die Frage nach dem System und den Möglichkeiten, dagegen aufzubegehren. Das System, das ist die psychiatrische Klinik, wo Medizin und Psychiatrie benutzt werden, Menschen zur Anpassung zu zwingen, notfalls mit Gewalt. Krankenschwester und Arzt haben die Kontrolle und die Macht – zu der auch Definitionsmacht darüber gehört, was normal ist und was nicht, was noch als gesellschaftsfähig gilt und was eben nicht. Diese Macht spielen sie aus, McMurphy begehrt gegen diese Normen auf. Und verliert am Ende. Am Berliner Schlossparktheater tritt nun ein Altmeister an, den einst revolutionären Stoff wieder auf die Bühne zu bringen: Michael Bogdanov, 1988 bis 1992 Intendant des Hamburger Schauspielhauses und zuvor im Leitungsteam des Londoner Royal National Theatres (Schlossparktheater: „Einer flog über das Kuckucksnest“, Premiere2. 4., 20 Uhr).

Der gesellschaftskritische Stoff von der psychiatrischen Klinik als Gesellschaftsmetapher stammt noch aus einer Zeit, wo Leute an die Veränderbarkeit der Welt und der Gesellschaft glaubten. Heute werden ja eher Chemtrails am Himmel oder auch das Gluten in Lebensmitteln für alles verantwortlich gemacht. Von göttlicher Macht über unser ärmliches Leben handelt Joseph Roth berühmter Roman „Hiob“, ein wirklich herzzerreißender Stoff, den im Deutschen Theater nun Anne Lenk auf die Bühne bringt (Deutsches Theater: „Hiob“, Premiere 31. 3., 19.30 Uhr).

Ja, und eigentlich bleibt dann am Ende, wenn nichts mehr geht und gilt, nur noch die nackte Angst übrig. Diese als Urstoff aller Theaterwirkung vorzuführen, hat sich das Kollektiv Schröder & Statkus mit „Moments of Fear“ vorgenommen (Ballhaus Ost: „Moments of Fear“, 1. & 2. 4., jeweils 20 Uhr).