Das Licht so schön gesetzt

Malerei und Forschergeist Die Alte Nationalgalerie zeigt Werke des Künstlers August Kopisch

August Kopisch, „Krater des Vesuvs mit Ausbruch“, 1828 Foto: Norbert Miguletz

Wow! Feuer regnet vom Himmel, wie ein Schirm wölbt sich der dunkle Rauch, aus dem glühende Tropfen fallen. Beim Warten auf die U 7 starre ich auf diesen äußerst malerischen Ausbruch des Vesuvs auf einem Plakat, das für die Ausstellung von August Kopisch in der Alten Nationalgalerie wirbt. Das ist so dramatisch! Und so dekorativ! Und auf dem Plakat mindestens zehnmal so groß wie das Original.

Vielleicht stellt man August Kopisch (1799–1853) am besten als einen Romantiker aus der zweiten Reihe vor. Auf einer Illustration für die Illustrirte DamenzeitungDer Bazar steht er hinter dem Dichter Ludwig Tieck, der aus seinen Märchen vorliest, prominent unter seinen Zeitgenossen. August Kopisch war mit Alexander von Humboldt und Friedrich Wilhelm Schelling bekannt, er malte, zeichnete Karikaturen und satirische Illustrationen zu antiken Mythen, er dichtete, übersetzte Dantes „Göttliche Komödie“ und war ein beliebter Organisator von Festen und Kostümumzügen.

Als Künstler ist er in Vergessenheit geraten, obwohl eines seiner Gedichte, „Die Heinzelmännchen“ , sich als Kinderbuchklassiker vieler Neuausgaben erfreut. Die Legende war schuld daran, dass ich als Kind bei jeder Felsenhöhle auf die Begegnung mit einem Zwerg hoffte.

Die Alte Nationalgalerie widmet dem Künstler eine Ausstellung, die seine Leidenschaft für Italien in den Mittelpunkt rückt. In Breslau geboren, hatte Kopisch in Prag, Wien und Dresden Malerei studiert, als er 1824 nach Italien aufbrach und schließlich drei Jahre in Neapel lebte. Er entdeckte 1826, von einem Fischer begleitet, die berühmte Blaue Grotte auf der Insel Capri, die bald darauf, nicht zuletzt durch seine Schilderungen in Skizzen, Bildern und Erzählungen zu einem Anziehungspunkt für ­weitere Künstler und den Tourismus des 19. Jahrhunderts wurde.

Bilder von sieben weiteren Malern, die dem zarten Licht und der geheimnisvollen Bläue zwischen Wasser und Felswänden huldigten, und historische Postkarten des gleichen Motivs sieht man neben Kopischs Bildern im ersten Ausstellungsraum. Der letzte gilt einem von ihm mitkonzipierten Pleorama, einem bewegten Panoramabild, mit dem von einer Schiffsreise durch den Golf von Neapel erzählt wurde. 85 Seiten Text umfassen da Kopischs gesammelte Informationen zu einer eintägigen Schiffsreise. Er war zu einem Experten und Kunstsachverständigen geworden, den auch der preußische König Friedrich Wilhelm schätzte.

Seine Landschaftsbilder neigen zu Dramatisierung und Kulissenhaftigkeit. Für den „Feuer­speienden Vesuv bei Mondschein“, 1844 gemalt, als er schon einige Jahre in Berlin lebte, scheint der Mond ebenso eigens für den Lichteffekt angeknipst wie das Laternenlicht auf der Terrasse im Vordergrund. Manches ist zwar beinahe surreal wie jene Gouache vom Ausbruch des Vesuvs, die auf dem Plakat abgebildet ist. Von seinem Forschungsdrang, der Abenteuerlust und dem Interesse für Naturphänomene, die Kopisch zu gewagten Exkursionen, etwa an den Kraterrand des Vulkans, bewegt hatten, ist in den Bildern jedoch nicht so viel zu spüren, wie man annehmen möchte. Seine Erfahrungen sind dann doch meist in überschaubare Kompositionen übersetzt.

Seine Landschaftsbilder neigen zurDramatisierung

Im Museum geht man von ihm weiter zu den Landschaften von Carl Blechen, die düsterer sind, erschreckender in ihrer Verlassenheit, aufwühlender in ihrer Kargheit, freier im malerischen Gestus. Bei Kopisch tendiert denn auch vieles zur Lieblichkeit und zum Akkuraten. Vielleicht ist das ein Grund, warum ihn die Kunstgeschichte in den Hintergrund gerückt hat.

Katrin Bettina Müller

August Kopisch, Alte Nationalgalerie, Di., Mi., Fr., Sa. 10–18, Do. 10–20 Uhr, bis 17. Juli