Editorial
: Berlin ist anders

Neben den bundespolitischen Erkenntnissen dieses „Supersonntags“ gab es auch paar, die für Berlin bestimmt waren. Zum Beispiel, dass Ramona Pop nicht Winfried Kretschmann ist. Die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Abgeordnetenhaus holte sich auf dem Parteitag am Wochenende eine Klatsche ab. Nur 60,6 Prozent der Anwesenden stimmten für sie als Anführerin eines grünen Viererteams.

Am 18. September wird in Berlin gewählt, und gleich drei Parteien hielten – parallel zu den Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt – Berliner Parteitage ab. Neben den Grünen bestimmte auch die Linke ihre Listenplätze – und auch da gab es einen Denkzettel. Parteichef Klaus Lederer, der die Linke als Spitzenkandidat in die Wahl führen soll, bekam lediglich 68,3 Prozent der Delegiertenstimmen. Er nahm es mit Humor.

Grenzenlosen Optimismus verbreiten beide Oppositionsparteien, die auf eine Regierungsbeteiligung im Herbst setzen, also nicht. Vielleicht kann man es auch so sagen: Nach Künast 2011 und Gysi 2001 legen Grüne und Linke wieder mehr Augenmerk auf ihre Wahlprogramme als auf ihre Köpfe.

Und vielleicht sind sie ja auch etwas nervös geworden, weil ihnen die AfD im Nacken sitzt. Zieht die Rechtsaußenpartei ins Abgeordnetenhaus ein, könnte es für Rot-Grün oder Rot-Rot eng werden. Und eine Dreierkoalition gilt als schwierig. Am Ende könnte so die Fortsetzung der Großen Koalition stehen.

In Lichtenberg, wo die AfD ihren Parteitag abhielt, weiß man um die Symbolik, die vom Supersonntag ausgehen kann. Auch deshalb wurde dort gleich nach der Verabschiedung des Leitantrags eine Wahlparty angesetzt. Landeschefin Beatrix von Storch will auf der fremdenfeindlichen Erfolgswelle ihrer Partei surfen. Aber Berlin ist eben nicht Stuttgart.

Für Ramona Pop mag das ärgerlich sein. Für die Wahlen im September ist es immerhin ein Hoffnungsschimmer. Uwe Rada

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