Europas Rechte wollen Schweiz nacheifern

MINARETTVERBOT Auch in den Niederlanden, in Österreich, Dänemark und Italien planen Politiker Kampagnen gegen „Islamisierung“

BERLIN taz | Begeisterte Zustimmung und scharfe Kritik – die Reaktionen auf das Minarettverbot in der Schweiz könnten gegensätzlicher nicht sei. Europas rechtspopulistische Parteien feiern das Votum der Schweizer als Durchbruch im Kampf gegen den Islam. „Zum ersten Mal haben sich die Menschen in Europa der Islamisierung widersetzt“, sagte der Vorsitzende der niederländischen Partei für die Freiheit, Geert Wilders. Seine Partei will jetzt einen Gesetzentwurf für ein Minarettreferendum ins Parlament einbringen. Die Partei ist in den vergangenen Jahren mit islamfeindlichen Parolen deutlich stärker geworden.

Die Schweizer hatten am Sonntag in einer Volksabstimmung die Anti-Minarett-Initiative mit 57 Prozent Jastimmen angenommen; die Wahlbeteiligung lag mit fast 54 Prozent außerordentlich hoch. Das Votum hat Europas fremdenfeindlichen und rechtslastigen Parteien neuen Auftrieb verschafft.

Im Nachbarland der Schweiz feierten die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) und das Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ) das Ergebnis als Aufforderung, gegen „die schleichende und extremistische Islamisierung“ vorzugehen. Im Alpenland gibt es nur drei Moscheen mit Minaretten. In Kärnten und Vorarlberg ist der Minarettbau praktisch schon verboten. In Dänemark forderte die Dänische Volkspartei ein ähnliches Referendum für ihr Land wie in der Schweiz. In Frankreich verlangte die Le-Pen-Partei Front National (FN), die Franzosen müssten auch die Möglichkeit bekommen, in lokalen Abstimmungen über den Bau von Moscheen zu entscheiden. In Italien lobte die Regierungspartei Lega Nord den Schweizer Entscheid gar als „Akt der Zivilisation“. Die Schweiz habe der Welt „damit eine große Lektion in Demokratie und gesundem Menschenverstand“ erteilt.

Ganz anders äußerte sich der schwedische Außenminister Carl Bildt, dessen Land gegenwärtig die EU-Ratspräsidentschaft innehat. Bildt nannte das Votum ein „negatives Signal“ und erklärte: „Das ist ein Ausdruck von ziemlich vielen Vorurteilen und vielleicht sogar Angst.“ Sein französischer Kollege Bernard Kouchner wurde gegenüber dem Sender RTL noch deutlicher: „Es ist ein Ausdruck von Intoleranz, und ich verabscheue Intoleranz“, sagte Kouchner und fügte hinzu: „Wenn man keine Minarette mehr bauen kann, bedeutet dies, dass man eine Religion unterdrückt.“

Der CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach wertete die Volksabstimmung indessen als Ausdruck einer auch in Deutschland verbreiteten Angst vor Islamisierung. Bosbach mahnte, die Ängste vor dem Islam nicht zu ignorieren. „Diese Sorge muss man ernst nehmen“, sagte er. Der SPD-Innenpolitiker Sebastian Edathy nannte die Entscheidung der Schweizer dagegen sehr problematisch. Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, sagte im Sender N24, zur Religionsfreiheit gehöre, „dass Menschen muslimischen Glaubens bei uns auch ihre Moscheen bauen dürfen und auch die Minarette dazugehören“. GB

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