Türkisch für alle

Ein Großereignis: Am nächsten Wochenende beginnt in Bochum das formidable deutsch-türkische Festival Melez – nicht nur für Türken

VON BORIS R. ROSENKRANZ

Wenn man die Bedeutung eines Festivals am Ausmaß seiner Pressekonferenzen bemessen kann, ist das Melez-Festival sehr bedeutend. Politiker, Kulturschaffende, Künstler – zwölf Leute saßen am Dienstag auf dem Podium, und alle sprachen von der Wichtigkeit dieses deutsch-türkischen Festivals. Dazu Journalisten, die das Gesagte in Blöcke notierten, und eine Dolmetscherin, die die warmen Worte für die Kollegen aus der Türkei übersetzte.

Ein Großereignis ist das Melez-Festival also schon, bevor es überhaupt angefangen hat. Und der Rummel ist durchaus begründet: Eine derartig gute Auswahl türkischer Kunst, und zwar sowohl aus der Türkei selbst als auch aus Deutschland, hat das Ruhrgebiet noch nicht gesehen. Insbesondere am kommenden Samstag dürfte es voll werden in der Bochumer Jahrhunderthalle: Dann kommt Sezen Aksu, der bekannteste Pop-Export, den die Türkei zu bieten hat. Aksu, mittlerweile auch schon 51 Jahre alt, hat es bis in die Video-Rotation des Musikkanals MTV geschafft. Das ist generell schon schwer, als türkische Künstlerin allemal. Aber Aksu ist eben über die Landesgrenzen hinaus bekannt, selbst mit Udo Lindenberg hat sie gesungen, das war 1989.

Das Konzert von Sezen Aksu zählt gewiss zu den Höhepunkten – doch Melez ist mehr als bloß flüchtige Popmusik. Wichtig für den Fortbestand des Festivals, das dieses Jahr zum ersten Mal stattfindet, dürften vor allem die Podiumsdiskussionen sein, die zwischen die Theaterstücke, Tanz-Aufführungen, Lesungen und Konzerte montiert werden. Hier stehen Fragen zur Debatte, die nicht erst seit der Diskussion um einen EU-Beitritt der Türkei anfallen: Es geht um Integration, um Ethnomarketing und die Vision eines deutsch-türkischen Kulturrats NRW.

Und noch zwei Highlights, eins zu Beginn des Festivals, eins zum Schluss: Am Freitag spielt Aydin Esen, Jazz-Pianist aus Istanbul. Aydin ist kein Anhänger strenger Klangstrukturen: Er sucht, experimentiert, probiert aus. Ein Klangerlebnis. Und am Sonntag: „Dantons Tod“ von Büchner, ursprünglich vom Intendant des Mülheimer Theaters, Roberto Ciulli, für die Städtischen Bühnen Istanbul inszeniert, und nun zum ersten Mal in Deutschland. „Dantons Tod“. Oder so: „Danton‘un Ölümü“.

Melez, 28. bis 30. 10.Jahrhunderthalle BochumInfos: 0208-993160