Millionen aus Hongkong

Nullnummer Der Plan einer Briefkastenfirma für einen Problemplatz in Halle

Der Riebeckplatz in Halle ist alles andere als ein lauschiges Fleckchen Erde. Zwei mehrspurige Straßen führen über einen mehrspurigen Kreisverkehr. Darunter fahren die Straßenbahnen an einer tiefer gelegten Ladenstraße vorbei. Die Polizei hat Überwachungskameras anbringen lassen, um den Menschen das mulmige Gefühl zu nehmen, das viele beschleicht, wenn sie sich an dem Ort aufhalten. In regelmäßig wiederkehrenden Berichten und Reportagen über das Leben unter den Schnellstraßen geht es nicht selten um Drogenhandel oder Schwarzmarktgeschäfte. Kein Wunder, dass man in der Stadt aufhorchte, als sich eine chinesische Investorengruppe gemeldet hatte, die 500 Millionen Euro in die Neugestaltung des Platzes stecken wollte.

An den vier Ecken der Mega­kreuzung sollte jeweils ein Hochhaus mit 30 Etagen entstehen. Von neuen Wohnungen, Geschäftsräumen, einem Hotel und einer Einkaufspassage war die Rede. Vor allem jene, die den Abriss der aus DDR-Zeiten stammenden Hochhäuser bei der Sanierung des Platzes im Jahr 2010 bedauern, fanden den Plan faszinierend.

Der Investmentfonds aus Hongkong soll etliche Male in Halle gewesen sein und Videoanimationen mit schönen Bildern eines futuristisch aufgehübschten Riebeckplatzes vorgestellt haben. Doch die Begeisterung im Stadtrat hielt sich in Grenzen. Viele trauten den Plänen nicht. Auch Oberbürgermeister Bernd Wiegand war von Beginn an skeptisch und sprach sich gegen Verhandlungen mit der Casson Limited aus Hongkong aus. Es wurde beschlossen, ein Gutachten über die Firma in Auftrag zu geben.

Das Ergebnis war eindeutig. Die Mitteldeutsche Zeitung hat den vertraulichen Prüfbericht einsehen können. Das Urteil: Das Angebot sei vollkommen unseriös. An der angegebenen Adressen der Firma habe sich nicht mehr gefunden als ein Briefkasten. Bei einem Ortstermin habe man weder Büros noch Mitarbeiter angetroffen. Der chinesische Staatsfonds, der sich angeblich an der Finanzierung des Gebäudekomplexes beteiligen wollte, habe entgegen der Angaben der Planer aus Hongkong keinerlei Verbindung zur Casson Limited.

Es ist nicht das erste Mal, dass in Halle ein chinesischer Traum zerplatzt. Vor gut zehn Jahren wurde die Einrichtung einer Sonderwirtschaftszone der Volksrepublik China im Großraum Halle diskutiert.

Andreas Rüttenauer