Weil Flüchtlinge zu Häftlingen werden

Griechenland Hilfsorganisationen schränken Arbeit ein, weil Neue wie Gefangene behandelt werden

ATHEN taz | Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR sowie die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen reduzieren nach dem Türkei-EU-Abkommen ihre Hilfeleistungen in den Aufnahmelagern auf den griechischen Inseln. Der Grund hierfür liegt darin, dass der rechtliche Schutz von Flüchtlingen beim EU-Türkei-Abkommen nicht gewährleistet ist. Wenn Leute abgeschoben würden, die in der Türkei keinen Schutz genössen, gebe es völkerrechtliche Probleme, so die Hilfsorganisation.

Das Abkommen sieht vor, Flüchtlinge, die nun von der Türkei auf die griechischen Inseln übersetzen, direkt wieder in die Türkei abzuschieben. Für jeden abgeschobenen Flüchtling soll die EU einen syrischen Flüchtling aus der Türkei aufnehmen. Der Flüchtlingsstrom nach Europa reißt bisher aber nicht ab. Allein auf Lesbos kamen seit Sonntag knapp 1.650 Flüchtlinge an.

„Die neu ankommenden Flüchtlinge werden in den Auffanglagern der Inseln festgehalten – die Hotspots werden zu Gefängnissen“, so Michele Pelaro, Koordinator der Ärzte ohne Grenzen auf Lesbos. Auch die Kapazitäten Griechenlands würden aktuell nicht ausreichen, um das Abkommen umsetzen zu können, ohne grobe Verletzungen gegen die Menschenrechte vorzunehmen. Die Flüchtlinge müssen jetzt schon in einfachen Zelten ausharren, berichtet Pelaro. Man könne das als humanitäre Hilfsorganisation nicht unterstützen. Bisher hatte die Organisation die hygienische und medizinische Versorgung in den Lagern übernommen.

„Natürlich können wir uns nicht ganz zurückziehen. Wir müssen sicherstellen, dass die medizinische Versorgung der Menschen gewährleistet ist“, so Pelaro. Die Unterstützung beim Reinigen der Camps wird aber eingestellt. Auch der Transport der Flüchtlinge in die Aufnahmelager nach der Landung wird gestoppt. „Ich wüsste auch nicht, wie ich die Menschen informieren sollte, was sie erwartet“, so Pelaro. Die Durchführung des Abkommens wurde zwar beschlossen, es herrsche aber komplettes Chaos auf den Inseln, weil die Umsetzung wegen mangelnden Vorkehrungen nicht durchführbar sei – Griechenland wartet immer noch auf finanzielle Unterstützung und Personal aus der EU.

Auch Katerina Kitidi, Sprecherin des UNHCR in Griechenland, betont: „Die Flüchtlings- und Menschenrechte sind außer Kraft gesetzt.“ Das UNHCR stellt vorerst unmittelbare Hilfsleistungen ein, so das Verteilen von Decken und Schlafsäcken und den Transport der ankommenden Flüchtlinge in die Auffanglager. „Wir werden aber selbstverständlich weiterhin dabei helfen, Menschenleben zu retten“, so Kitidi. In den abgeriegelten Auffanglagern selbst werde man die Flüchtlinge über ihre Rechte informieren und sie beraten. Theodora Mavropoulos