heute in hamburg
: "Wir dürfen nicht vergessen"

FLUCHT Im Rahmen der internationalen Wochen gegen Rassismus wird über Boat People geredet

Dan Thy Nguyen

Foto: Claus Sautter

31, bezeichnet sich gerne als Theaterschaffender. Mit seiner Performance reflektiert er seine Familiengeschichte.

taz: Herr Nguyen, Ihre Eltern sind als vietnamesische Boat People nach Deutschland gekommen, Sie sind aber hier geboren: Fühlen Sie sich trotzdem als Fremder?

Dan Thy Nguyen: Ich habe mich schon fremd gefühlt. Ich fühle mich aber zu Hause bei meiner Familie und in meiner Arbeit. Aber eine Nation wie Vietnam oder Deutschland würde ich nicht als Zuhause bezeichnen.

Die Wanderung der Boat People ist heutzutage nicht so bekannt, wie groß war die Fluchtwelle?

Bei der sogenannten Vereinigung des Norden mit dem Süden Vietnam wurden die Landesgrenzen geschlossen, dann sind meine Eltern wie viele andere durch das Meer geflohen. Sie dachten eigentlich, dass die Amerikaner sie schnell retten wurden - das ist aber leider nicht passiert. Sie sind sechs Monate auf dem Boat geblieben. Wir wissen nicht genau, wie viele Leute, die so geflohen sind. Man schätzt aber, dass zwischen 50.000 und 500.000 Menschen damals gestorben sind.

Gibt es Unterschiede in der Wahrnehmung von der damaligen Wanderung und der heutigen?

Vielleicht ist der größte Unterschied zwischen den Boat People von damals und den heutige, dass Leute wie meine Eltern vor dem Sozialismus, im Rahmen des Kalten Krieges, geflohen sind. Deswegen wurden sie als Freunde empfangen, als sie hier gelandet sind. Das geschieht heute nicht.

Wie ist die Integration damals gelaufen?

Vietnamesen sind in Deutschland ziemlich gut integriert worden, aber gab es und gibt es immer noch Probleme. Ich habe persönlich rassistische Angriffe erlebt. Das größte Problem ist, dass man über die Flucht nicht redet: Warum sind diese Menschen geflohen? Was haben sie erlebt? Welche Schwierigkeiten haben sie überstanden?

Glauben Sie, eine solche Erfahrung kann nützlich sein, um die Integration heute zu verbessern?

Ja, absolut. Wir reden heute darüber, wie die Aufnahme und die Integration aussehen soll, aber das gab es auch damals schon. Allerdings wurde die Situation nicht bewusst wahrgenommen.Wir sollten uns gesellschaftlich damit auseinandersetzen. Ich inszeniere meine Performance, um diese Geschichte bekannt zu machen. Als Gesellschaft dürfen wir sie nicht vergessen.

Interview: ANNA DOTTI

Sprechperformance „Denken was Tomorrow“: 20:00 Uhr, Kulturalden St. Georg, Alexanderstr. 16, Eintritt 6/4 Euro