Vermintes Terrain

Distinktionsökonomie Der Pudel Club liegt in Hamburg mittendrin

Einmal stand ich nachts betrunken an der Elbe und rief mir ein Taxi: „Kommen Sie zum Pudel Club“, sagte ich. Erst war Stille am anderen Ende der Leitung, dann sagte eine ältere Frauenstimme beinahe empört: „Sie meinen sicher den GOLDEN Pudel Club!“ Ich hatte mich geoutet: als Fremder, als Tourist, als jemand, der in den Feinheiten der Hamburger Distinktionsökonomien so gar nicht bewandert war.

Für Hamburger ist ja immer alles ganz kompliziert. Ein Fußtritt zu weit nach links oder rechts im Dunkel der (popkulturellen) Totalitarismen und man bekommt ordentlich eins auf die Fresse. Natürlich würde man gerne mal so richtig eins von Rocko Schamoni oder Heinz Strunk auf die Fresse bekommen. Es tut sicher nicht sehr weh und man wäre in gewisser Weise geadelt.

Passiert ist mir das natürlich nie. Im Pudel war ich nur drei Mal. Zwei Mal mehr als im Tresor, einmal weniger als in der Panorama Bar. Einmal hat ein Freund mit seiner Band gespielt. Das andere Mal hatte nichts anderes mehr auf. An das dritte Mal kann ich mich nicht erinnern. Auf jeden Fall war es irgendwie wichtig.

Jetzt ist der Pudel abgebrannt und alle sind sehr aufgeregt. War es ein Dummer-Jungen-Streich, ein Kapitalist? Ist eine nicht richtig ausgetretene, selbstgedrehte Zigarette schuld?

Und wird die Basis nun spenden und den Pudel vor der Zwangsversteigerung retten? Wird man dann David Chipperfield mit der Restaurierung beauftragen, sodass er wie beim Neuen Museum in Berlin „die Narben der wechselvollen Geschichte zeigt, ohne dem Gebäude seinen Glanz zu nehmen“, wie es Der Spiegel sah?

Ich hoffe darauf. Ich komm’dann auch mal wieder vorbei. Vielleicht gibt es dann endlich mal auf die Fresse.

Ruben Donsbach kommt aus Bremerhaven und lebt als Journalist in Berlin