Wie doch die Zeit vergeht

Festival Diskurs und Neue Musik: MaerzMusik widmet sich den Zeitfragen

Wenn man beim Musikhören immer wieder vergewissernd auf die Uhr schauen will, ist das kein gutes Zeichen. Denn auf die Uhr schaut man ja doch, weil es einem gerade langeweilig ist mit der Musik.

So soll das natürlich nicht sein bei dem am nächsten Freitag startenden Festival ­MaerzMusik, bei dem bis zum 20. März an verschiedenen Orten mit dem Haus der Berliner Festspiele als Festival-Epizentrum aktuelle kompositorische Positionen vorgestellt werden sollen.

Nachdenken über Zeit aber soll man bei dem Festival ganz unbedingt – und über die Zeitlichkeit von Kunst. Programmatisch nennt man sich schließlich bei der MaerzMusik seit vergangenem Jahr, als Berno Odo Polzer die Leitung von Matthias Osterwold übernommen hatte, nicht mehr ein „Festival für aktuelle Musik“. Sondern „Festival für Zeitfragen“.

Was zuerst ganz schlicht heißt, dass man es bei der Musik eben mit einer Angelegenheit zu tun hat, die in ihrem Verlauf in der Zeit spielt. Und dass, weiter gefasst, die Musik hier nicht allein als Musik diskutiert werden soll, sondern dass die schon in einen größeren gesellschaftlichen Horizont eingestellt ist – zu dem sich ja auch die Musik irgendwie verhalten muss.

Sand im Getriebe

Bei der Vorstellung des diesjährigen MaerzMusik-Programms bezeichnete Berno Odo Polzer dabei die Zeitlichkeit der Kunst als „Sand im Getriebe unserer Getriebenheit“. Bei der zweiten Ausgabe des neu konzipierten Festivals steht das „Digitale Universum“ mit im Zentrum „als Geburtsort neuer Zeitformen – digitaler Zeitformen, die unsere Lebenswelten zunehmend prägen“, wie es im Programmheft heißt, und dass die globale Echtzeit der digitalen Technologie neue Maßstäbe der Geschwindigkeit schaffe. Frage also: „Was geschieht mit unserer Zeit?“

Das wird auch in einer Konferenz im Rahmen des Festivals diskutiert: „Thinking Together – Time and the Digital Universe“. Die künstlerische Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine wird in Konzerten mit algorithmischen Kompositionen vorgestellt, und andererseits gibt es bei der MaerzMusik mit Franz Schuberts „Winterreise“ auch eine Musik aus einer Zeit zu hören, in der das mit der „Neuen Musik“ noch nicht einmal erfunden war. Neue Musik aber ist ohnehin eine Benennung, der man bei MaerzMusik eher aus dem Weg geht.

Eröffnet wird das Festival mit einer vierstündigen Performance des italienischen Pianisten Marino Formenti, und zum Abschluss der MarzMusik gibt es wie bereits im vergangenen Jahr mit „The Long Now“ im Kraftwerk einen dreißigstündigen Musikmarathon von Klassikern der musikalischen Avantgarde bis hin zu Noise.

Eine ganze Masse an musikalisch verdichteter Zeit. Muss man gar nicht unbedingt in Gänze absitzen. Thomas Mauch

MaerzMusik vom 11. bis 20. März. www.berlinerfestspiele.de