LeserInnenbriefe
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To(r)tale Humorlosigkeit

betr.: „Morddrohungen wegen Tortenwurf“, taz vom 2. 3. 16

Bravo! Ich war von vornherein begeistert von eurer Torten-Attacke! Wer hätte nicht schon immer gern mal jemandem’ne Torte ins Gesicht gepfeffert, und dann noch so einer unerträglichen Person wie Frau von Storch! Aber das Beste an der Sache sind die nun nachträglich geäußerten Rechtfertigungen von Morddrohungen als Reaktion auf den „tortalen Krieg“! So muss man der AfD begegnen: sie mit ihrer to(r)talen Humorlosigkeit entlarven. Daher: Weiter so, im Namen all derer, für die Ironie kein Fremdwort, sondern eines der Mittel ist, die Welt zu verändern!

JAN MICHAEL HORSTMANN, Radebeul

Die Toten sollen uns mahnen

betr.: „Selektiert zu Zwangsarbeit und Tod“, taz vom 1. 3. 16

Die Toten sollen uns mahnen, Fehler nicht zu wiederholen. Nicht nur durch aktiv Handelnde, sondern auch durch Wegschauen sind Millionen Menschen in KZs umgekommen. Blicken wir gegenüber auf Seite 3 der taz, so sehen wir das aktuelle Leid der Flüchtlinge; Leid, das wir lindern können. Wir können die Toten der KZs nicht wieder lebendig machen, aber wir können das Sterben der Flüchtlinge verhindern. Werde auch ich mit 95 Jahren angeklagt werden, weil ich Steuern an einen Staat gezahlt habe, der Banken und Konzerne bauchpinselt und Notleidende bei Wind und Wetter frieren, hungern und ertrinken lässt?

ARNE MATSCHINSKY, Hamburg

B 50 bedroht Weinbaulandschaft

betr.: „Keine Ruhe unter der Brücke“, taz vom 1. 3. 16

Es gibt nicht nur keine Ruhe unter der Brücke, es wird auch keine Ruhe in den angrenzenden Spitzenweinlagen auf der Hunsrückseite zwischen Bernkastel und Zeltingen geben. Auch diese seit der Antike kultivierte Weinbaulandschaft, aus deren Trauben edle Weine gekeltert werden, ist vom Straßenbauprojekt „neue B 50“ bedroht.

Der Brückenbau des Hochmoselüberganges mit all den geotechnischen Problemen ist nur die Spitze des Eisberges dieses Projektes. Durch die tiefgründigen Eingriffe in den Boden und die darauf erfolgte Bodenverdichtung im Bereich der Straßenbautrasse sind irreversible Schäden am oberen Grundwasserstockwerk entstanden. Solche hydrogeologischen Prozesse, wo die Grundwasserneubildung reduziert wird, verlaufen in der Regel langsam. Aber irgendwann, oder vielleicht bald, wenn noch andere ungünstige hydrologische Faktoren hinzukommen (zum Beispiel längere regenarme Perioden), besteht die Gefahr, dass auch diese Weinberge geschädigt werden.

War dieses „fossile“ Bauprojekt es wert, dass Millionen in einer fraglichen geotechnischen Sicherungsmaßnahme verbaut werden und eine Straße neu gebaut wird, deren Errichtung am Ende mehr ökologische und finanzielle Schäden hinterlässt als Nutzen? Regierungen können abgewählt werden. Ein zerstörter intakter Naturbereich ist unwiederbringlich verloren.

ROSWITHA TEMPER, Kirchberg

Täter in die Schranken weisen

betr.: „Das bisschen Grapschen ...“, taz vom 1. 3. 16

„Nein heißt Nein“ und nicht einvernehmliche sexuelle Handlungen werden unter Strafe gestellt. So einfach ist das heute.

Nicht so in den 60ern, als mein sexuelles Interesse an Mädchen erwachte. Wenn da ein Mädchen gleich beim ersten Versuch Ja gesagt hätte, wäre sie als Flittchen tituliert worden. Also musste sie erst mal Nein sagen, egal wie groß ihre Wünsche auch waren. Jetzt galt es für uns Jungs, herauszufinden, ob es ein Nein war, weil sie nichts weiter mit mir zu tun haben wollte, oder war es eine „Schutzbehauptung“. Manchmal kein einfaches Unterfangen. Das patriarchale Denken gab die Spielregeln vor. Dieser Geist vergangener Zeiten scheint immer noch im Hirn mancher herumzugeistern.

Dabei wären Täter, die sich diese moralischen Widersprüche zunutze machen, mit oben genanntem Gesetzestext einfach in die Schranken zu weisen. Damit Frauen heute ihr sexuelles Selbstbestimmungsrecht endlich offen und unkompliziert leben können, so wie wir Männer es schon immer für uns beansprucht haben.

KLAUS-PETER KLAUNER, Brühl

Teil des Systems

betr.. „Der pazifistische Dickkopf“, taz vom 24. 2. 16

Dank unfreiwilligem Einblick in die Militärseelsorge der EKD kann ich die beschriebenen Abhängigkeiten der SeelsorgerInnen von der Bundeswehr zumindest für die Marine bestätigen! Wie sollte es auch nicht zur Fraternisierung kommen, wenn SeelsorgerInnen als Teil der Armee wochenlang den Alltag an Bord eines Kriegsschiffes mitmachen? Die SeelsorgerInnen haben an Bord und in den Stützpunkten den Status (mit Dienstgraden kenne ich mich sonst nicht aus), das Auftreten und kleidungsbedingt das Aussehen von Offizieren. Sie sind schlicht Teil dieses Systems! Ich will damit dem und der Einzelnen nicht absprechen, dass sie etwas für die Menschen an Bord tun und für sie da sind! Aber es ist schon reichlich naiv, zu glauben, sie könnten an diesen Posi­tionen etwas für die Ideale des Christentums tun!

JAN SOMMER, Wuppertal