Auf der Flucht vor „Wilma“

In Mexiko und Kuba fliehen die Menschen vor dem Hurrikan, der in Yucatán die Touristenhochburg Cancún lahm legt. Im US-Bundesstaat Florida erklärt Gouverneur Jeb Bush vorsorglich den Notstand

HAVANNA/CANCÚN afp ■ Der als „äußerst gefährlich“ eingestufte Hurrikan „Wilma“ hat gestern mehrere hunderttausend Mexikaner und Kubaner in die Flucht getrieben. Im Westen Kubas und auf der mexikanischen Halbinsel Yucatán mit der Touristenhochburg Cancún brachten sich die Menschen nach nachdrücklichen Warnungen der Behörden so gut es ging in Sicherheit. „Der Feind ist da“, warnte der Chef des kubanischen Wetterdienstes, José Rubiera.

„Wilma“ zog mit Spitzengeschwindigkeiten von rund 240 Kilometer durch den 200 Kilometer breiten Yucatán-Kanal Richtung Golf von Mexiko. Allein auf Kuba mussten rund 550.000 Menschen ihre Wohnungen verlassen. Von den 33.000 Hotelgästen in Cancún wurden 8.000 in Turnhallen und Schulen umgesiedelt. 2.500 Urlauber suchten im Cuxin-Baxal-Stadion Zuflucht. Der Flughafen wurde geschlossen. Bei Vorbereitungen zum Verlassen ihrer Wohnung starb eine 33-jährige Frau an einem Stromschlag.

Der deutsche Reiseveranstalter TUI sagte wegen des Hurrikans bis Dienstag alle Reisen nach Yucatán ab. Urlauber aus Cancún seien in den weiter südlich gelegenen Ort Playa del Carmen gebracht worden. Das Eintreffen der heftigsten Sturmböen wurde in Cancún um 12 Uhr Ortszeit erwartet.

Das US-Hurrikan-Zentrum sagte voraus, die Flut werde um bis zu 3,4 Meter über das normale Niveau ansteigen. Auf Yucatán wurde mit Niederschlägen von 500 Litern pro Quadratmeter gerechnet, in Westkubas Bergregionen gar mit bis zu 1.000 Litern.

„Wilma“ schwächte sich in den vergangenen Tagen leicht ab. Am Mittwoch hatte der Hurrikan mit Windgeschwindigkeiten von 281 Stundenkilometer die größte je über dem Atlantik gemessene Stärke erreicht. Nachdem die Windgeschwindigkeiten auf unter 250 Stundenkilometer sanken, wurde der Sturm in der Saffir-Simpson-Skala von der höchsten Kategorie fünf in die Kategorie vier zurückgestuft. Allerdings hielten die Meteorologen es für möglich, dass sich der Wirbelwind beim Zug über das Meer wieder beschleunigen könnte. Die weitere Route des Hurrikans war gestern noch nicht zuverlässig einzuschätzen.

Der Gouverneur des US-Bundesstaats Florida, Jeb Bush, rief vorsorglich den Notstand aus. Der Bruder des US-Präsidenten mobilisierte zudem die Nationalgarde und ordnete an, dass die örtlichen Behörden Notfallmaßnahmen ergreifen sollten. Die Räumung der Key-Inseln im Süden von Florida wurde verschoben, weil der Hurrikan dort später als ursprünglich erwartet auftreffen sollte. Die Behörden rechnen inzwischen damit, dass „Wilma“ dort spätestens am Dienstag eintrifft.

„Wilma“ ist bereits der zwölfte Hurrikan über dem Atlantik in dieser Saison. Mehrere tausend Menschen wurden getötet, als die vorangegangenen Wirbelstürme in Mittelamerika und den Südstaaten der USA Schneisen der Verwüstung schlugen. Allein durch den Hurrikan „Katrina“ kamen an der Südküste der USA Ende August mehr als 1.200 Menschen ums Leben, durch den Hurrikan „Stan“ in Guatemala starben mehr als 2.000.