Ausnahmekosten Flüchtlinge

FINANZEN Für Bremens CDU ist es verfassungswidrig, Kosten für die Flüchtlinge vom Haushalt abzukoppeln. Dabei macht das selbst Bremerhaven – wo die CDU mitregiert

Kein Neid mehr vonnöten: Jetzt hat auch Bremerhaven sein Haushalts-Loch  Foto: Archiv

von Jean-Philipp Baeck

Es sind harte Worte, mit denen CDU-Finanzpolitiker Jens Eckhoff den Haushaltsentwurf des rot-grünen Bremer Senats krisitiert: „Verfassungswidrig“ sei der und ein „unredlicher Versuch, die desaströse Haushaltsführung zu kaschieren.“ Grund für Eckhoffs Schelte: Bremen rechnet die Kosten heraus, die durch die Unterbringung und Integration von Flüchtlingen entstehen. Anders ließen sich die Vorgaben des Sanierungspfades nicht einhalten. Ein Kurs, den selbst die Handelskammer für richtig hält. Eckhoff hingegen nennt es „das völlig falsche Signal“, nicht ohne vorzuschlagen, abgelehnte AsylbewerberInnen konsequenter abzuschieben, um Geld zu sparen. Allerdings: Auch das schwarz-rot regierte Bremerhaven wird die Kosten für die Flüchtlingsaufnahme aus dem Haushalt herausrechnen. Das erklärte Bremerhavens Kämmerer Paul Bödeker: „Wie soll es im Moment auch anders gehen?“, sagt der Christdemokrat auf Nachfrage der taz.

Ob nun auch die Haushaltsführung seines Parteikollegen und dessen Vorgängers, dem CDU-Granden Michael Teiser, eine entsprechende Katastrophe ist, dazu wiederum will Eckhoff sich nicht äußern – laut CDU-Fraktionssprecherin Rebekka Grupe, weil der Entwurf für Bremerhavens Haushalt noch nicht offiziell vorgestellt wurde.

Klar ist indes schon jetzt: Auch ohne die Integrationskosten von fast 80 Millionen Euro steht Bremerhaven vor einem Haushaltsloch von mindestens 12,4 Millionen Euro. Im nächsten Jahr fehlten laut Bödeker nach derzeitigem Stand sogar 16,4 Millionen.

„Wir müssen jetzt an alles ran“, sagt er. Sparpotenzial sieht er vor allem in der Abschaffung möglicher Doppelstrukturen: „Wir haben eine Stadthalle und eine Tourismus- und Erlebnisgesellschaft, die beide Veranstaltungen machen“, so Bödeker. Letztere überzöge nun ihre Wirtschaftspläne um 400.000 Euro. Auch die Gelder, die die Kommune für ein eigenes Programm zur Berufsqualifikation ausgibt, will er sich anschauen. „Da müssen wir prüfen, ob am Ende auch eine Integration in den Arbeitsmarkt herauskommt, oder ob wir da nicht Leute qualifizieren, bis sie Rente bekommen“, so Bödeker.

Doch woher kommt nun überhaupt das Loch? Er verweist auf die alten Probleme Bremerhavens als „strukturschwache Region“, auf Werften- und Fischereikrise und überhaupt. Und dass Bremerhaven die finanzielle Probleme seit Jahren vor sich her schiebe.

Für den grünen Finanzpolitiker Claudius Kaminiarz liegt das Problem an anderer Stelle: „Wir haben zu viel Personal“, sagt der Bremerhavener. In der Kernverwaltung sei der Personalbestand in den letzten Jahren ständig angestiegen, Bremerhavens Bevölkerung dagegen gesunken.

Am Personal aber lässt sich nicht kurzfristig sparen. Bremerhaven hofft deshalb auf Hilfe vom Land. In einer Sondersitzung werden Magistrat und Senat am kommenden Dienstag darüber verhandeln – und es wird nicht überraschen, wenn das Land Bremen beide Kommunen finanziell unterstützt.

Ausgeben will das Land Bremen nach dem vorgelegten Entwurf in diesem Jahr 4,8 Milliarden Euro und in 2017 4,9 Milliarden. Neue Schulden sind nicht vorgesehen. In dieser Form würde der Haushalt den Vorgaben entsprechen, die der Stabilisierungsrat Bremen zur Einhaltung der Schuldenbremse auferlegt hat: Macht das Land bis 2020 jedes Jahr 120 Millionen Euro weniger Schulden, gibt es eine Finanzspritze von 300 Millionen zur Tilgung von Altlasten.

Die Kosten für die Flüchtlingsaufnahme hat Bremen abgekoppelt: 322 Millionen für 2016 und 267 Millionen Euro für 2017. Denn aus Sicht Bremens ist die aktuelle Flüchtlingskrise als Ausnahmesituation zu werten. Der Stabilisierungsrat wird darüber noch befinden müssen.