„Wir brauchen eine gemeinsame Strategie“

Stadt Stephan Junker, Interventionistische Linke, über die Konferenz „Wohnen als Gemeingut“

Stephan Junker

27, ist Mitglied der Stadt-AG der Interventionistischen Linken.

taz: Herr Junker, am Freitag beginnt die Konferenz „Wohnen als Gemeingut“, initiiert vom Bündnis für einen Mietenentscheid. Was ist geplant?

Stephan Junker: Wir rechnen mit circa 150 Leuten, darunter sowohl neu Interessierte als auch Vertreter stadtpolitischer Initiativen. Wir wollen darüber diskutieren, wie es nach unserer Initiative für einen Mietenvolksentscheid strategisch weitergehen kann. Es stehen ja zwei wichtige Wahlen an. Da wollen wir das Thema Mietenpolitik nicht allein den Parteien überlassen.

Um den Mietenvolksentscheid abzuwenden, hat der Senat im Herbst ein Gesetz verabschiedet, das eine sozialere Wohnungspolitik festschreibt. Das reicht Ihnen nicht?

Das geht uns nicht weit ­genug. Der private Markt wird ­weder die Wohnungsnot noch die Mietsteigerungen stoppen. Nicht umsonst heißt die Konferenz „Wohnen als ­Gemeingut“. Unser Ziel ist Wohnraum für alle, für Geflüchtete ebenso wie für die, die schon lange hier wohnen.

Die VertreterInnen von Kotti und Co wollen die Rekommunalisierung der GSW. Welche Forderungen gibt es sonst?

Wir haben viele Ideen, was man weiter tun kann. Zum Beispiel bei den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften: Auch dort sind die Mieten teilweise zu hoch, die MieterInnen sollten mehr mitbestimmen können. Es müssen zudem neue Wohnungen gebaut werden für Menschen, die nicht viel Geld haben.

Die landeseigenen Wohnungsunternehmen bauen bereits. Das Senatsgesetz sieht zudem vor, dass jede zweite frei werdende landeseigene Wohnung an Menschen mit geringem Einkommen gehen soll, jede zehnte an Obdachlose oder Flüchtlinge.

Ja. Wir fordern aber auch schon lange, die landeseigenen ­Wohnungsbaugesellschaften zu An­stalten öffentlichen Rechts zu machen. Dann würden sie günstigere Kredite bekommen, sie könnten billiger bauen. Wir brauchen Neubauten für Menschen, die sich 6,50 Euro pro Quadratmeter nicht leisten können. Auch dafür wäre es möglich, eine Volksinitiative oder ­einen Volksentscheid auf den Weg zu bringen.

Gibt es Ideen für den privaten Wohnungsmarkt?

Bei einem Volksentscheid setzt man stark auf den rechtlichen Weg. Ein Ziel der Konferenz ist es, diese Vorstöße besser mit direkten Aktionen zu koppeln, etwa mit zeitweiligen symbolischen Besetzungen. Man muss versuchen, die privaten Gewinnerwartungen zurückzuschrauben. Investoren kaufen ein Haus und verkaufen es nach einem halben Jahr weiter. Unser Vorschlag wäre, die Grunderwerbsteuer zu erhöhen. Das würde diese Leute besonders treffen.

Kürzlich hat eine Gruppe Radfahrer in der Flottwellstraße in Tiergarten Scheiben von Neubauten eingeschlagen und Autos angezündet …

Um solche Aktionsformen wird es auf der Konferenz nicht gehen. Wir könnten uns zum Beispiel vorstellen, eine Tour zu leer stehenden Gebäuden der Bundesanstalt für Immobi­lienaufgaben zu machen um zu zeigen, dass es Wohnraum gibt, auch für Geflüchtete. Deren Unterbringung wird ebenfalls ein wichtiges Thema auf der Konferenz sein.

Was steht im Idealfall am Ende der Konferenz?

Wir wollen mit den stadtpolitischen Initiativen überlegen, an welchen Hebeln wir ansetzen können. Wir müssen uns auch nicht alle in einem Bündnis zusammenschließen. Aber wir sollten schon eine gemeinsame Strategie für die nächsten zwei Jahre entwickeln.

interview Antje Lang-Lendorff