Nachrichten notfalls zum Nulltarif

„Direkt“, die kleinformatige Zeitung aus dem Kölner Haus M. DuMont Schauberg, hat viel weniger Käufer als erhofft. Der Verlag denkt aber nicht an Einstellung, sondern erwägt eine Gratiszeitung

VON SEBASTIAN SEDLMAYR

Die erste Kölner Tabloidzeitung droht zu floppen. Die Auflage der montags bis freitags erscheinenden Tageszeitung Direkt aus dem Verlagshaus M. DuMont Schauberg (MDS) rutschte im dritten Quartal des Jahres unter die 6.000er Marke. Wurden im zweiten Quartal noch täglich 6.142 Exemplare des etwa DIN A 4 großen Blattes verkauft, waren es zwischen August und September diesen Jahres nur noch 5.950.

Direkt ist die einzige Tabloidzeitung, die in Nordrhein-Westfalen hergestellt und auch hier vertrieben wird. Nur der Berliner Axel-Springer-Verlag ist mit der überregionalen Welt Kompakt in mehr als zehn NRW-Städten vertreten. Der zweite nordrhein-westfälische Tabloidproduzent, der Düsseldorfer Handelsblatt-Konzern, bringt seine kleinformatige Zeitung News in Frankfurt am Main auf den Markt. Direkt ist am 30. September 2004, vier Tage vor Welt Kompakt, zum ersten Mal in Köln erschienen und gilt als Abwehrmaßnahme gegen Springer.

MDS setzte vor einem Jahr hohe Ewartungen in das neue Tabloid. Mindestens 10.000 Exemplare wollte man täglich verkaufen und mit der bunten, kleinen Zeitung junge Leser ansprechen. Zumindest das erste Ziel wird bislang weit unterschritten. Trotzdem hält MDS eisern daran fest. Auf Anfrage der taz hieß es: „Bis Ende des Jahres“ solle die 10.000er Marke erreicht werden. MDS-Sprecherin Claudia Seinsche führt den Rückgang der Verkaufszahlen im dritten Quartal auf „saisonale Schwankungen“ zurück: „Da die Sommer- und Semesterferien im Erhebungszeitraum lagen und Direkt vor allem die junge Zielgruppe anspricht, lag die Auflage natürlich unter dem normalen Niveau.“ Die Verkaufszahl sei schon wieder im Steigen begriffen.

Das zweite Ziel, nämlich relativ junge Erstleser zu gewinnen, scheint hingegen erreicht. Nach einer Erhebung vom Frühjahr punktete Direkt vor allem bei den 20- bis 29-Jährigen. Gänzlich desinteressiert sind aber offenbar die Jugendlichen. Sie würden „als regelmäßige Leserschaft nicht erreicht“, so MDS. Verändert hat sich bei Direkt seit der Einführung nicht viel. Inhaltlich ist kein Unterschied zu den ersten Ausgaben zu verzeichnen. Weiterhin dominiert leichte Unterhaltung. Auch die Anzeigenpreise sind gleich geblieben. 50 Cent kostet Direkt – genauso viel wie Welt Kompakt. Das Kölner Tabloid wird nicht nur am Kiosk verkauft, sondern auch an rund 360 Zeitungskästen, die in Köln verstreut stehen. Schon bald könnte der Obulus ganz wegfallen. Sollte, wie in Branchenkreisen vermutet, noch vor der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 ein ausländischer Konzern mit einer Gratiszeitung auf den deutschen Markt drängen, stehen zahlreiche deutsche Verlage mit einer Alternative bereit. DuMont würde Direkt einfach kostenlos verteilen. Die Essener WAZ soll ein Gratisblatt in petto haben, ebenso Springer („Gratissimo“) und der Berliner Verlag, an dessen Kauf MDS Interesse bekundet hat (taz berichtete). Das Warten auf den Gratismarkt scheint auch der tiefere Grund dafür zu sein, dass trotz der enttäuschenden Entwicklung bei Direkt noch keine Rede von einer Einstellung des Projekts ist.

Kein Interesse am Gratis-Markt zeigt übrigens der Düsseldorfer Handelsblatt-Verlag. Auf Anfrage der taz hieß es, der Verlag verfolge „keinerlei Pläne für eine Gratiszeitung“. Mit News werde in Frankfurt ein „jüngeres Publikum“ zwischen 20 und 39 Jahren angesprochen. News habe deshalb „mit Gratiszeitungen, die sich an ganz andere Zielgruppen wenden, nichts gemein“.