Klimaskeptiker wird Oppositionsführer

AUSTRALIEN Emissionshandelsgesetz hat kaum noch Chancen, vor Klimagipfel verabschiedet zu werden

CANBERRA taz | Australiens Liberale Partei hat am Dienstag den erklärten Klimaskeptiker Tony Abbott zum neuen Führer der konservativen Oppositionspartei gewählt. Der 52-jährige ehemalige katholische Seminarist und Boxer erhielt eine Stimme mehr als der bisherige Oppositionschef Malcolm Turnbull. Der 54-jährige Millionär und Investmentbanker, ein früherer Umweltminister, war daran gescheitert, dass er den im Senat vorliegen Regierungsentwurf zur Einführung des Handels mit Verschmutzungsrechten unterstützt hatte. Ein erster Entwurf war im August gescheitert, doch hatte Turnbull mit Premierminister Kevin Rudd einen abgeschwächten Kompromiss ausgehandelt.

Rudds Labor-Regierung wollte das Gesetz noch vor dem am Montag beginnenden Klimagipfel in Kopenhagen verabschieden lassen. Doch dafür braucht Labor im Oberhaus die Zustimmung von mindestens sieben oppositionellen oder unabhängigen Parlamentariern.

Abbott ist eigenen Aussagen nach ein konservativer Katholik. Eine Priesterausbildung brach er ab, „weil ich nicht ein Leben lang enthaltsam leben kann“. In Medienkreisen hat er den Übernahmen „Verrückter Mönch“. In den letzten Jahren hatte er sich zudem einen Namen als Klimaskeptiker gemacht. Noch vor wenigen Tagen bezeichnete er die Problematik des Klimawandels als „Mist“. Am Dienstag wiederholte er in der Hauptstadt Canberra seine Meinung, das Emissionsgesetz sei „nichts anderes als eine neue Steuer“. Rudd wolle die Vorlage nur „durchboxen, um in Kopenhagen gut dazustehen“. Abbott bestätigte, dass sich die Opposition gegen die Gesetzesvorlage stellen werde, die seit letzter Woche im Senat debattiert wird.

Abbotts Wahl ist eine Folge des Kampfes der konservativen Kräfte gegen gemäßigtere Kräfte in der Liberalen Partei, die elf Jahre vom erzkonservativen Premier John Howard geführt worden war. Abbot war jahrelang Minister unter Howard. Eine Gruppe um den konservativen Senator Nick Minchin suchte seit Wochen nach Möglichkeiten, um den ihrer Meinung nach zu liberal denkenden Turnbull abzusetzen. Minchin hatte kürzlich die Idee des Klimawandels gar als Ergebnis einer „kommunistischen Verschwörung“ bezeichnet.

Australien ist wegen seiner dominanten Kohleindustrie pro Kopf der Bevölkerung der weltgrößte Atmosphärenverschmutzer. Rudd war 2007 auch wegen seines starken Umwelt-Fokus gewählt worden. Seine erste Amtshandlung war, das Kioto-Protokoll zu unterzeichnen. Auch schuf er ein Klimaministerium.

Welche Konsequenzen die nun zu erwartende Ablehnung des Klimagesetzes für die Verhandlungsposition Australiens in Kopenhagen haben wird, ist unklar. Sollte der Entwurf erneut scheitern, kann Rudd das Parlament auflösen und vorgezogene Neuwahlen ausrufen, die er den Umfragen zufolge gewinnen würde. Schon vor Monaten hatte Rudd klargemacht, Australien werde den Ausstoß klimaschädigender Gase bis 2020 nur um 5 Prozent senken. Wissenschaftler fordern mindestens 40 Prozent.

URS WÄLTERLIN