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„4qm“ schafft ein Patt

Crowdfunding K+N bekommt sein Grundstück, doch das "Arisierungs"-Mahnmal bleibt aktuell

Das Bremer „Arisierungs“-Mahnmal bekommt politischen Rückenwind, Kühne + Nagel jedoch das Baugrundstück am Weserufer: Mit diesem „Patt“ endete nun das ungleiche Rennen zwischen der taz und Kühne + Nagel. Während der weltweit drittgrößte Logistikkonzern, der seine NS-Vergangenheit substanziell beschönigt, am Bremer Stammsitz einen neuen Firmensitz errichten möchte, bot die taz auf vier Quadratmetern desselben Geländes als Grundfläche für ein „Arisierungs“-Mahnmal.

26.009,37 Euro sammelte die taz per Crowdfunding von ihren GenossInnen und LeserInnen, um mitbieten zu können – und engagierte sich vehement durch alle zuständigen Bremer Instanzen hindurch dafür, dass ihr formales Kaufangebot mit dem Titel „4 qm Wahrheit“ breite Beachtung fand. Auch als Vehikel dafür, die Geschichtskaschierung des Konzerns zum Thema zu machen.

Das Ergebnis: Während das offizielle Bremen vor einem Jahr noch völlig kritiklos das Gründungsjubiläum von Kühne + Nagel feierte und artig dessen hanebüchenes History Marketing goutierte, bekommt der Konzern nun deutliche Töne zu seiner Geschichtspolitik zu hören. Bremens Bürgermeister Carsten Sieling votierte zwar dafür, dem Investor einen Neubau zu ermöglichen – „begrüßte“ aber zugleich die „Suche nach einer Lösung, die dem Ansinnen nach einem ,Arisierungs‘-Mahnmal Rechnung trägt“.

Trotz alledem ist klar: Da wir unser erklärtes Ziel nicht erreicht haben, kommt nun die beim Crowdfunding genannte ersatzweise Verwendung des Geldes zum Zuge, die Spende an die Jüdische Gemeinde Bremen. Diese wird nun in aller Ruhe prüfen, ob sie einem Mahnmal oder der Unterstützung bedürftiger Mitglieder, zu denen auch Holocaust-Überlebende gehören, den Vorzug gibt. Die taz wiederum wird sich gegebenenfalls bemühen, das „Arisierungs“-Mahnmal mit Förderanträgen bei verschiedenen Stiftungen zu finanzieren.

Denn spannende Vorschläge, wie ein solches Mahnmal aussehen könnte, gibt es mittlerweile reichlich. Die taz wird alle Einreichungen, bei Einverständnis der Einsender, mindestens als Onlinegalerie präsentieren. Zudem wählt eine Jury zwei bis vier Ideen aus, die zur potenziellen Baureife entwickelt werden. Mehr dazu in Kürze hier. Henning Bleyl

Henning Bleyl ist Redakteur der taz.nord Bremen und hat das Projekt „4 qm Wahrheit“ maßgeblich vorangetrieben.