Mordanklage politisch motiviert?

Nazi-Brandanschlag

Der Prozess um einen Brandanschlag auf ein überwiegend von Flüchtlingen bewohntes Haus im niedersächsischen Salzhemmendorf sollte in der kommenden Woche zu Ende gehen: Für Montag sind die Plädoyers angesetzt, am Freitag soll das Urteil fallen. Doch nun könnte der Zeitplan ins Wanken geraten: Am Freitag hat Verteidiger Roman von Alvensleben vor dem Landgericht Hannover beantragt, einen weiteren Zeugen zu vernehmen: Ministerpräsident Stephan Weil (SPD).

Der Regierungschef habe beim Besuch des Tatorts den Anschlag als „versuchten Mord“ bezeichnet und damit auf die rechtliche Bewertung eingewirkt, sagte von Alvensleben, der den 31 Jahre alten Angeklagten Dennis L. vertritt. Nur wegen des „überhöhten politischen und medialem Interesses“ hätte die Staatsanwaltschaft gegen seinen Mandanten und die beiden Mitangeklagten Anklage wegen versuchten Mordes erhoben, so der Rechtsanwalt.

Dabei habe Dennis L. „keine Tötungsabsicht verfolgt“, so von Alvensleben, als er am 28. August 2015 einen Molotowcocktail in ein Fenster der Unterkunft schleuderte, in der sich zur Tatzeit 39 Menschen aufhielten. Er regt deshalb eine Verurteilung wegen versuchter Körperverletzung mit Todesfolge an. Von Alvensleben hielt der Staatsanwaltschaft vor, mit zweierlei Maß zu messen: Auch das Verfahren gegen zwei Asylbewerber müsse berücksichtigt werden, die in ihrer Erstunterkunft in Hameln ein Feuer gelegt hatten, um ihre Pässe zu erhalten. Die Staatsanwaltschaft Hannover habe sie nicht einmal wegen schwerer Brandstiftung angeklagt.

Staatsanwältin Katharina Sprave hält am Mordvorwurf fest und erinnerte daran, das L. geschrieben hatte, wenn „ein Neger“ brenne, wolle er „richtig feiern“. Von Alvensleben beantragte, einen Schriftverkehr seines Mandaten mit dem NDR zu berücksichtigen, im dem er sich reuig gezeigt und versichert habe sich „nicht als Nazi“ zu sehen. Im Verfahren hatte allerdings ein Polizeibeamter berichtet, L. trage einschlägige Tattoos und unterhalte Verbindungen zur rechtsextremen Partei „Der III. Weg“. AS