Grüne gegen G20-Gipfel

Debatten Auf ihrem Parteitag werden die Grünen streiten: über Flüchtlingspolitik und einen G20-Gipfel in Hamburg. Ein Jahr nach der Wahl ist die Stimmung in der Koalition zunehmend gereizt

„Kritische Debatten schärfen das grüne Profil“

Antje Möller (Grüne)

Eine rot-grüne Jubelveranstaltung wird das nicht, wenn sich Hamburgs Grüne am Samstag zu ihrer Landesmitgliederversammlung (LMV) treffen. Ein Jahr nach der Bürgerschaftswahl knirscht es an etlichen Stellen in der Koalition mit der SPD – besonders in der Flüchtlingspolitik, dem beherrschenden Thema auf dem anstehenden Parteitag.

Schon mit der Forderung, das individuelle Asylrecht „nicht durch Obergrenzen zu beschneiden“, grenzen sich die hiesigen Grünen von der Bundes-SPD ab, deren stellvertretender Vorsitzender wiederum Bürgermeister Olaf Scholz ist. In einem gemeinsamen Leitantrag von Landesvorstand und Grüner Jugend wird die Einstufung von Marokko, Algerien und Tunesien als „sichere Herkunftsländer“ abgelehnt. Eben das möchte die Große Koalition in Berlin durchsetzen, eben das würden unter bestimmten Bedingungen auch Grünen-Granden wie Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann akzeptieren.

Nicht so die Grünen in Hamburg, stellt deren Vize-Vorsitzender Michael Gwosdz klar: „Wir lehnen weitere Verschärfungen des Asylrechts ab.“ Dazu gehören die Asylpakete I und II, mit denen Berlin unter anderem den Familiennachzug von Flüchtlingen begrenzen will. Würde diese grüne Position in praktische Politik umgesetzt, würde Hamburg – ebenso wie andere rot-grün regierte Länder – sich im Bundesrat enthalten. Und die Asylpakete würden scheitern.

Ein zweiter Knackpunkt: das geplante Treffen der 20 größten Wirtschaftsnationen 2017 in Hamburg. „Das ist nicht unser Event“, sagt der Bürgerschaftsabgeordnete Farid Müller. „Durch die hohen Sicherheitsvorkehrungen besteht die Gefahr, dass Grundrechte und die Demonstrationsfreiheit massiv eingeschränkt werden“, heißt es in einem Vorstandsantrag. Zudem sei der vorgesehene Veranstaltungsort in den Messehallen „völlig ungeeignet“, sagt die Abgeordnete Antje Möller.

Über den G20-Gipfel im Juli 2017 in Hamburg hatten sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bürgermeister Olaf Scholz verständigt. Die mitregierenden Grünen wurden von der Nachricht kalt überrascht, als die Kanzlerin am 12. Februar beim Matthiae-Mahl im Rathaus bekanntgab, „dass Hamburg Gastgeberstadt sein wird“. Es werden mindestens 6.000 TeilnehmerInnen erwartet und 9.000 Polizisten eingesetzt.

Die Grünen sehen das Treffen skeptisch. Eine Diskussion sei notwendig, sagt Möller: „Kritische Debatten schärfen das grüne Profil in der Koalition“, glaubt sie. Zumindest müsse die Partei „kritischen Gegenveranstaltungen zentralen Raum in der Stadt ermöglichen“. Auch wenn das „den fahrenden Zug nicht mehr aufhalten wird“, so Gwosdz, bekäme der Gipfel doch besonderen Charme: Im Rathaus macht die grüne Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank Small-Talk – und vor der Tür protestiert ihre Partei. SMV