Union gegen Kretschmann-Deal

Flüchtlinge I Sichere Herkunftsländer gegen Altfallregelung. So hatte sich das der grüne Verhandlungsführer bei den Asylverhandlungen vorgestellt. So läuft das aber nicht

Grüner Kretschmann bei AsylbewerberInnen in Karlsruhe Foto: Uli Deck/dpa

Aus Berlin Ulrich Schulte

Die Union hat das Angebot von Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) zu den sicheren Herkunftsstaaten abgelehnt. „Es kann nicht sein, dass die Grünen meinen, hier Dinge ­hineinverhandeln zu können, die mit den sicheren Herkunftsstaaten nichts, aber auch gar nichts zu tun haben“, sagte Unionsfraktionsvize Thomas Strobl der taz. „Ich erwarte, dass sie zustimmen – und zwar schnell.“ Auch aus der CSU kam Kritik an Kretschmanns Asylofferte.

Die taz hatte in ihrer Dienstagsausgabe über interne Verhandlungen Kretschmanns mit dem Kanzleramt berichtet. Kretschmann und die hessischen Grünen können sich ein Ja im Bundesrat zu einem Gesetzentwurf der Bundesregierung vorstellen, wenn sie dafür Bedingungen erfüllt bekämen – zum Beispiel eine Altfallregelung für langjährig geduldete Ausländer. Die Große Koalition will Marokko, Tunesien und Algerien als „sicher“ deklarieren, um Flüchtlinge aus diesen Ländern schneller abschieben zu können.

Bei den Maghreb-Staaten sei schnelles Handeln nötig, sagte Strobl weiter. „Da müssen die Grünen mitmachen, damit wir von dort nicht große Probleme bekommen – die übrigens nur ein Wachstumsprogramm für rechtspopulistische Rattenfänger wären.“ Der Maghreb dürfe nicht zum zweiten Westbalkan werden.

Das Konzept der sicheren Herkunftsstaaten ist unter Grünen heftig umstritten. Kretschmanns interner Vorstoß stieß in der Ökopartei auf heftige Kritik. Dass Kretschmann als Verhandlungsführer der Grünen im Bundesrat mit dem Kanzleramt spreche, sei sein Job, sagte Luise Amtsberg, die Flüchtlingsexpertin der Grünen-Fraktion. „Ich hätte mir aber gewünscht, dass er seine Verhandlungen mit den Grünen rückkoppelt.“ Außerdem sei seine Verhandlungsmasse zu klein, eine Altfallregelung für weniger als 20.000 Menschen entlaste das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) nicht. (Siehe Interview unten).

Die entscheidende Abstimmung im Bundesrat über den Gesetzentwurf zu sicheren Herkunftsstaaten wird erst nach den Landtagswahlen am 13. März stattfinden. Das beschleunigte Verfahren sei vom Tisch, hieß es am Dienstag in den Fraktionen von SPD und Grünen. Der Grund sind die Meinungsverschiedenheiten zwischen Union und Grünen.

SPD-Fraktionsgeschäftsführerin Christine Lambrecht wies darauf hin, dass ihre Partei schnell gehandelt hätte: „Die SPD wäre bereit, das Verfahren zu beschleunigen. Einigen müssen sich CDU, CSU und Grüne.“

Damit kann sich Baden-Württembergs grüner Ministerpräsident Winfried Kretschmann auch später entscheiden, ob er dem Entwurf im Bundesrat zustimmt. Die Koalition hatte ursprünglich vorgehabt, das Gesetzesverfahren über die sicheren Herkunftsstaaten zu beschleunigen. Sie wollte es bereits am 26. Februar im Bundesrat abschließen – parallel zum zweiten Asylpaket. Dann wäre ein Beschluss schon vor den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz am 13. März gefallen.

Diese Idee hat die Koalition nun wieder abgeblasen, weil durch die Nichteinigung mit den Grünen eine Blockade im Bundesrat gedroht hätte. Jetzt wird sich der Bundesrat erst am 18. März mit dem Thema beschäftigen.