Der abwesende Amerikaner

Norbert Anders hat seinen Vater nie kennen gelernt. Die Liebe seiner Eltern zerbrach, als der GI zurück in die USA musste. Die Mutter brach wenig später den Kontakt ab

Mag die Liebe zwischen Soldat und Fräulein auch noch so groß gewesen sein, nicht jede überlebte das Ende der Dienstpflicht. Manchmal trennte der Atlantik die Paare für immer. „Meine Mutter wollte nicht in die USA auswandern“, erzählt Norbert Anders, Sohn eines GIs. Ein Jahr alt war er, als sein Vater im März 1948 nach St. Louis, Missouri zurückkehrte. Alles, was der heute 58-Jährige über seinen Vater weiß, steht in den Briefen, die Sergeant Walter Oehlert an die Mutter schrieb. Die erzählte ihrem Sohn nicht viel von dem amerikanischen Freund, mit dem sie vier gemeinsame Jahre verbrachte. „Lieb“ sei er gewesen. Eine gemeinsame Zukunft aussichtslos. So reagierte die Mutter nicht mehr auf Walters Briefe. Der Kontakt brach ab, für immer.

Der zehnjährige Norbert glaubte noch daran, dass sich der Vater eines Tages melden und zurückkehren würde. „Einmal rüberfahren“ und ihn besuchen, davon träumte er als Teenager. Nahe fühlte er sich den US-Soldaten der McNair-Kaserne, wo auch sein Vater stationiert gewesen war. Ihre perfekten, sauberen Uniformen beeindruckten ihn. Die Fantasie gab Halt, die Realität sah anders aus.

Die allein erziehende Mutter hatte zu tun, finanziell über die Runden zu kommen. Groß war ihre Angst, Walter könne ihr eines Tages den Sohn wegnehmen. Norbert hörte auf, nach Informationen über den Vater zu suchen. Er wusste, dass die US-Behörden ohnehin alle Versuche der Kontaktaufnahme blockierten.

Für das Alliierten-Museum hat er nun seine Geschichte niedergeschrieben. Das hat vieles in ihm wieder aufgewühlt. Was daran für andere interessant ist, weiß er nicht: „Mein Leben verlief ganz normal, nur ein paar Sachen waren anders.“ Immerhin hat er durch die Ausstellung Menschen mit ähnlichen Erfahrungen kennen gelernt, die darüber reden wollen. Anders als seine Mutter. Tania Greiner