GEHT’S NOCH?
: Bildungsversagen

Die neue Pisa-VergleichsStudie zeigt: Viel zu viele Jugendliche in Deutschland können nicht vernünftig rechnen und lesen

Wozu das Einmaleins lernen, wenn es in jedem Smartphone einen Taschenrechner gibt? So quatschen manche Grundschüler auf dem Pausenhof. Und naseweis, wie sie sind, ist es ihnen auch zu blöde, sich mit der deutschen Rechtschreibung abzumühen. Es gibt ja Korrekturprogramme. Diese Einstellung ist natürlich selten dämlich. Und wenn Eltern und Lehrer nicht ausdauernd gegen diesen Unsinn angehen, laufen Kinder, die so denken, Gefahr, als Schulversager zu enden. So wie fast jeder Fünfte in Deutschland, der laut der neusten Pisa-Vergleichsstudie einfache Mathematik nicht versteht, und mehr als jeder Siebte, der nicht lesen kann. Ein Skandal.

Wer als Jugendlicher nicht vernünftig rechnen, lesen und schreiben kann, hat im Erwachsenenleben auf dem Arbeitsmarkt keine Chance. Er ist materiell abgehängt – und im Alltag abhängig von anderen, trotz Smartphone. Denn das Gerät hilft nur bedingt, wenn man beim Bäcker schnell wissen will, ob ein 1-Kilo-Brot für 3 Euro günstiger ist als ein 500-Gramm-Brot für 2 Euro; oder wenn man den Beipackzettel eines Medikaments oder das Kleingedruckte in Verträgen lesen will. Auch politisch sind Schulversager abgehängt; sie verstehen weder ein Wahlprogramm noch eine Wahl­ergebnisgrafik.

Die Chefin der Kultusministerkonferenz, Bremens Bildungssenatorin Claudia Bogedan (SPD), wertet die Studie dennoch als gutes Zeugnis. Es habe in den letzten Jahren Fortschritte gegeben, sagt sie. (In der Hansestadt gibt es besonders viele Schulversager.) Man kann es aber auch so sehen: Läuft alles so weiter, werden in Deutschland noch einige Schülergenerationen verheizt, bis deren Niveau erträglich ist. Für die Integration der vielen Flüchtlingskinder muss einem da angst und bange sein.

Natürlich stimmt es: Ohne die Hilfe der Eltern und ohne ein lernfreudiges gesellschaftliches Umfeld geht es nicht. Aber auch die alte Wahrheit aus dem DDR-Bildungswesen gilt: Schülerleistung ist Lehrerleistung. Mal sehen, wie viele Jahre die Kultusminister noch brauchen, republikweit vernünftige Vorgaben für die Schulen zu machen – und diese dann auch durchzusetzen. ROT