Sportstunde im Hochseilgarten

BILDUNG Weil viele Turnhallen von Flüchtlingen belegt sind, dürfen Schulklassen zum Ausgleich bei gewerblichen Anbietern Sport treiben. Senat zahlt dafür 1,5 Millionen Euro

Besonders gut kommen Aktivitäten wie Klettern oder Tanzen an

von Antje Lang-Lendorff

Wenn die Schulturnhalle mit Flüchtlingen belegt ist, sollen die Mädchen und Jungen an anderen Orten in der Stadt Sport treiben können. So will es der Senat – und stellt 1,5 Millionen Euro zur Verfügung, damit betroffene Schulklassen auch bei gewerblichen Anbietern Räume oder Kurse buchen können – inklusive Anleitung durch einen Trainer. Das kündigte Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) am Freitag an. Motorik, Teamgeist, Selbstbewusstsein, all das werde durch den Sportunterricht gefördert. „Die Schulen sollen so viel Angebote wie möglich in Anspruch nehmen können, damit Schulsport stattfindet“, sagte Scheeres.

62 Hallen sind belegt

Der Bildungsverwaltung zufolge dienen derzeit 62 von insgesamt 1.050 Sporthallen in Berlin als Notunterkünfte für Flüchtlinge. 30 befinden sich auf einem Schulgelände. Da manche Schulen auch Sporthallen in der Nähe mitnutzen, sind der Verwaltung zufolge insgesamt 65 Schulen von der Flüchtlingsunterbringung betroffen.

Um diesen eine Alternative zu bieten, hat Scheeres ein „Bündnis für den Schulsport“ ins Leben gerufen. Dazu gehören neben dem Landessportbund und dem Berliner Leichtathletikverband auch das Sportnetzwerk Funpool und die Betreiber einer Onlineplattform. LehrerInnen, die für ihre Zöglinge etwa eine Halle mieten wollen, können sich die Möglichkeiten in ihrer Umgebung unter eversport.de anschauen und per Mausklick buchen. 40 Anbieter beteiligen sich bereits, bei weiteren 400 wurde angefragt.

Die Bildungsverwaltung hat die von der Flüchtlingsunterbringung betroffenen Schulen angeschrieben; seit Anfang der Woche können sie sich für die Plattform registrieren lassen. 31 Schulen mit rund 8.000 SchülerInnen haben das bereits getan. Für die Jungen und Mädchen dürften die Ausflüge eine willkommene Abwechslung sein, schließlich steht der Besuch von Hochseilgärten oder Indoorspielplätze normalerweise nicht im Stundenplan.

Besonders gut kämen Aktivitäten wie Klettern oder Tanzen an, berichtete Funpool-Geschäftsführer Christian Schwab, aber auch Kurse zur Gewaltprävention seien gefragt. Die Sportzentren bieten laut Schwab Rabatte an, durchschnittlich sollen nicht mehr als 5 Euro pro SchülerIn gezahlt werden. Die Sportstudios wiederum profitierten davon, weil es bei ihnen vormittags sonst oft leer sei.

Jeder Klasse steht bis Ende März ein Guthaben von 500 Euro zur Verfügung, danach soll weiteres Geld freigeschaltet werden. Die Aktion läuft zunächst nur bis Ende Juni. Ab dem Frühsommer sollen die Flüchtlinge aus den Hallen in andere Unterkünfte umziehen – so lautet zumindest der Plan des Senats.

Wie oft die Schulen in der Realität tatsächlich auf die externen Sportstätten ausweichen werden, bleibt abzuwarten. Antje Mikolajski leitet die Reginhard-Grundschule im Bezirk Reinickendorf. Ihre SchülerInnen hätten zuletzt nur wochenweise im Wechsel Sport treiben können, sagte sie. Das Angebot des Bündnisses wolle sie gerne nutzen. Bislang sei ein Ausflug pro Klasse alle vier Wochen geplant. Selbst wenn der reguläre Sportunterricht weiter regelmäßig ausfallen sollte – eine kleine Entschädigung sind die Angebote des Schulsportbündnisses allemal.