Tödlicher Fehler am Bahnhof?

Bahn Nach dem Zugunglück von Bad Aibling forschen die Ermittler nach den Ursachen. Gerüchte über einen Fehler des Fahrdienstleiters bestätigen sie am Mittwoch nicht

Die Unfallstelle während des Rettungseinsatzes Foto: Matthias Schrader/ap

aus München margarete moulin

Eigentlich hätte Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) am Politischen Aschermittwoch in der Passauer Dreiländerhalle laute Worte von sich geben sollen. Stattdessen stand er am Tag nach dem Zugunglück von Bad Aibling an der Unfallstelle und griff zu ­leisen Tönen. „Das ist eine Tragödie für das ganze Land, Bayern trauert“, sagte er. Mit CSU-Ministern aus dem Landes- und Bundes­kabinett legte Seehofer im Anschluss Kränze an der Unfallstelle nieder.

Ob technische Fehler oder doch menschliches Versagen der Grund für den Unfall waren, ist weiterhin unklar. Zunächst hatten mehrere Medien den Verdacht in den Raum gestellt, der Fahrdienstleiter in Bad Aibling habe im Stellwerk den beiden aufeinander zufahrenden Zügen gleichzeitig die Einfahrt in den eingleisigen Streckenabschnitt erlaubt. Die Staatsanwaltschaft Traunstein wollte dies bis Mittwochnachmittag nicht bestätigen.

Die Eisenbahn-Unfalluntersuchungsstelle des Bundes in Bonn weist den Verdacht vorerst ebenfalls zurück. „Es liegen noch keine gesicherten Erkenntnisse vor. Der Schwerpunkt der Ermittlungen liegt derzeit auf der Leit- und Sicherungstechnik und auf den betrieblichen Abläufen. Es werden Beweise wie Fahrtverlaufsaufzeichnungen und Aufzeichnungen der beteiligten Fahrdienstleiter gesichert, Zeugen gehört und schließlich der Unfallhergang rekonstruiert“, heißt es aus der Behörde.

Auch Andreas Barth von Pro Bahn Oberbayern, der die Pendler- und Ausflugsstrecke gut kennt, warnt vor zu schnellen Urteilen: „Bei der Bahn ist sehr viel Technik im Einsatz, um Fehler aufzuspüren. Erst wenn die Blackboxes ausgelesen sind, die Zerstörungsspuren an den Zügen gesichert und all dies mit den gespeicherten Daten des Stellwerks sowie den Aussagen des Fahrdienstleiters abgeglichen worden ist, haben wir eine Unfallanalyse.“

Die Unfallstrecke ist durch eine sogenannte „Punktförmige Zugbeeinflussung“ gesichert. Dieses System löst durch Magnete im Gleisbett eine automatische Zwangsbremsung aus, wenn ein Lokführer ein rotes Signal überfährt.

Die Anlage wurde erst vergangene Woche überprüft

Der Fahrdienstleiter im Stellwerk hat jedoch die Möglichkeit, trotz der Warnhinweise des Systems dem Lokführer einen Abfahrtsauftrag zu geben, wenn er sich sicher ist, dass es sich um eine Signalstörung handelt. Die Anlage auf der Unfallstrecke war erst vergangene Woche überprüft worden.

Von Bad Aibling aus werden sowohl das Stellwerk für den Bahnhof Bad Aibling als auch das für den Bahnhof Kolbermoor gesteuert. Der Fahrdienstleiter war also für beide gleichzeitig zuständig. „Das stellt normalerweise kein erhöhtes Risiko dar“, meint Andreas Barth. Vom Stellwerk erhalte der Leiter automatisch die Nachricht darüber, ob ein Zug den Bahnhof verlassen hat. „Wenn der Fahrdienstleiter wirklich einen Fehler gemacht hat, dann einen gravierenden“, so Barth. „Denn für jede Entscheidung muss er auf seinem Schaltpult zwei Knöpfe drücken, um ein Versehen auszuschließen.“

Bei dem Zugunglück waren am Dienstagmorgen zwei Regionalzüge zwischen Holz­kirchen und Rosenheim frontal zusammengestoßen. 10 Menschen kamen ums Leben, 18 Personen wurden schwer, 63 leicht verletzt.