Berliner Szenen: Anvisierter Rollenwechsel
Lästiges Nachfragen
Neulich war es mal wieder so weit. Als ich während eines Konzertbesuchs beim Bierholen den Fehler beging, meinem gerade frisch kennengelernten Gesprächspartner zu erzählen, dass ich Autor bin, war sie plötzlich da, diese Frage, die mich regelmäßig in die Verzweiflung treibt: „Und, was schreibst du so?“
Ich kann gar nicht genau sagen, was mich an dieser oft gestellten Frage so irritiert. Ist es die Naivität der Formulierung? (Man stelle sich vor, man würde einen Maler fragen: „Und, was malst du so?“) Ist es das Wissen darum, dass, falls ich jetzt tatsächlich versuchen würde, eine ernsthafte Antwort zu geben, ich sehr schnell feststellen würde, dass mein Gegenüber daran überhaupt nicht interessiert ist, sondern einfach nur Small Talk betreiben will?
Die zweite Sache, die mir immer wieder passiert, sobald ich jemandem erzähle, dass ich schreibe, ist, dass der- oder diejenige daraufhin erklärt, selbst einen Roman, ein Serienkonzept oder Drehbuch in der Schublade liegen zu haben. Ob ich das Werk vielleicht einmal lesen wolle?
Verwirrenderweise sind es in letzter Zeit fast immer Schauspielerinnen, die mich das fragen. Eine Erklärung hierfür habe ich nicht. Je nach Attraktivitätsgrad der Schauspielerin und eigenem Alkohollevel lasse ich mich gelegentlich dazu hinreißen, „ja“ zu sagen – nur um mich ein paar Tage später in der unangenehmen Situation wiederzufinden, nicht zu wissen, wie ich auf die Nachfrage, ob ich denn ihr Manuskript schon gelesen habe, reagieren soll.
Als ich neulich einem Freund von diesem Dilemma erzählte, meinte der nur, ich solle doch einfach mal den Spieß umdrehen und zu der jeweiligen Schauspielerin sagen, ich hätte eine interessante Rolle im Kopf – ob ich die ihr vielleicht einmal vorspielen könne? Und dann einfach zu sehen, wie sie reagiert. Andreas Resch
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