¡Zack,bumm,da!

Ausstellung Er ist Niederländer, Macher und er hat einen Masterplan: der neue Chef der Stiftung Stadtmuseum und künftige Chefkurator des Humboldtforums, Paul Spies

An seinem ehemaligen Arbeitsort, dem Amsterdams Historisch Museum, hatte Paul Spies sogar die Besucherzahlen verdoppelt Foto: Jörg Carstensen/dpa

von Ronald Berg

Die Stiftung Stadtmuseum hat einen neuen Chef. Seit 1. Februar ist Paul Spies Direktor über 4,5 Millionen Sammlungsobjekte und die fünf Häuser der Stiftung: Märkisches Museum, ­Ephraim Palais, Knoblauchhaus, Nikolaikirche und Museumsdorf Düppel. Als im letzten Jahr der Berliner Kulturstaatssekretär Tim Renner den damaligen Chef des Amsterdams Historisch Museum anrief und ihn bat, sich in Berlin zu engagieren, hatte der 55-jährige Spies zunächst nur an eine Zusammenarbeit zwischen seiner Heimatstadt Amsterdam und Berlin gedacht. Aber offenbar wollte die Berliner Politik Spies unbedingt nach Berlin locken.

Warum, wird klar, wenn man Spies’ ersten offiziellen Auftritt vor der Presse am Donnerstag beobachten konnte: Spies konnte zwar noch nicht viel Konkretes zu seinen Planungen sagen, aber er vermochte die in reichlicher Menge herbeigeeilten Pressevertreter schon mal in gute Laune zu versetzen. Hoffnung keimt auf. Und das nicht nur für die Zukunft der Stiftung Stadtmuseum, sondern ebenso für die Berlin-Abteilung im zukünftigen Humboldtforum. Spies ist hier in Personalunion zugleich deren Chefkurator. Für beide Projekte, Stadtmuseum und Humboldtforum, hat Spies der Berliner Politik versprochen, bis Juli dieses Jahres Masterpläne zu entwickeln.

Eine „enorme Herausforderung“, wie Spies selbst meinte. Aber erstens sei ihm in Berlin überall nur positive Resonanz entgegengeschlagen, und zweites scheint Spieß über Macherqualitäten zu verfügen. Spies glaubt an sich und seine neue Aufgabe, so hat es den Anschein, wenn er mit Stolz über seine bisherigen Erfolge berichtet. In Amsterdam hat er sowohl die Besucherzahl als auch die Eigeneinnahmen verdoppelt. Sein eigener Anspruch für Berlin sieht ähnlich aus. Im Übrigen betrachtet Spies die Institution Museum als eine Art Dienstleistungsunternehmen und das Stadtmuseum als Bezugspunkt der Bürgergesellschaft. Vernetzung ist folglich eines der wesentlichen Aufgaben, mit denen sich Spies in den nächsten fünf Jahren befassen wird.

Am Donnertag erklärte er aber zunächst nur seinen Zeitplan bis zur öffentlichen Präsentation der Masterpläne. Beim Stadtmuseum sollen die einzelnen Standorte jeweils für spezielle Zielgruppen zugeschnitten werden. Im Mittelpunkt steht dabei das Märkische Museum. Spies kann von diesem Gebäude nur schwärmen: Es sei überhaupt das erste stadthistorische Museum, das eigens für diesen Zweck gebaut wurde, und es sollte schon bei der Eröffnung 1908 als eine Art Zeitmaschine funktionieren. Diese Qualität will Spies zurückgewinnen. Als Morgengabe an Spies haben Bund und Land Berlin je hälftig der Stiftung schon mal 65 Millionen zur Renovierung des Gebäudes zugesagt – einschließlich des benachbarten Marinehauses als Standorterweiterung –, das Spies allerdings lieber als „Ruinenhaus“ bezeichnete. Die Ertüchtigung beider Gebäude wird wohl erst 2019 beginnen, wenn das Humboldtforum eröffnet hat.

„Für gute Pläne gibt es immer Geld – aber ohne Garantie“

Kulturstaatssekretär Tim Renner

Für das vom Regierenden Bürgermeister vorgegebene Ausstellungsthema „Welt.Stadt.Berlin“ im Humboldtforum alias Berliner Schloss konnte und wollte Spies noch keine inhaltlichen Details nennen. Allerdings liege die Aufgabe weniger in der Erstellung einer historischen Schau als eher in der Formulierung einer These. Die lautet sinngemäß: Berlin sei eine internationale Angelegenheit. Deshalb – und wegen der fehlenden Raumklimatisierung im Humboldtforum – werde es wohl nur wenige Originalobjekte geben. Vielmehr dürften daher Multimedia und Partizipations‑ bzw. Mitmachangebote eine Rolle spielen.

Im Übrigen müsse es zwischen Humboldtforum und Stadtmuseum eine abgestimmte Arbeitsteilung geben, meinte Spies. Und um die Sache „noch komplizierter“ zu machen, sollte es eine solche Koordinierung auch innerhalb der Berliner Museenlandschaft geben, vom Deutschen Historischen Museum bis zu den Heimatmuseen der Bezirke. Hier ist also wahrlich ein versierter Netzwerker gefragt.

Bedarf es bei solch großen Aufgaben sogar neuer Gremien und Strukturen? Darüber sagte Spies erst mal nichts. Genauso unklar blieb der Finanzbedarf für all die vielen Neuerungen, die Spies für seine Häuser angedacht, aber noch nicht ausbuchstabiert, geschweige denn realisiert hat. Dafür zitierte er lieber Kulturstaatssekretär Tim Renner: „Für gute Pläne gibt es immer Geld“, um dann aber auch dessen angehängten Pferdefuß nicht zu verschweigen – „aber ohne Garantie.“