USA

Nach Beginn der KandidatInnenkür für die Präsidentschaftswahlen in Iowa ist alles nach wie vor offen

Entzaubert, nicht geschlagen: Trump

Republikaner Mit den Stimmen evangelikaler Wähler überholt der Lieblingskandidat der Tea-Party, Ted Cruz, beim Auftakt des US-Vorwahlkampfs in Iowa seinen lautstärksten Rivalen. Der gibt sich – ganz kurz – demütig

Montag in Des Moines, Iowa: Donald Trump war da, hat gesprochen, sein Pult wird hier nicht mehr gebraucht Foto: Scott Morgan/reuters

Aus Davenport, Iowa Frank Hermann

Donald Trump steht im Ballsaal des flaggengeschmückten Sheraton-Hotels in Des Moines und bemüht sich um etwas, was ihm nicht liegt. Um Demut, Bescheidenheit, leise Töne. Als die Stunde der Wahrheit schlägt, sagt er mit scheinfröhlicher Miene: „Ich bin Zweiter geworden. Ich fühle mich geehrt, wirklich geehrt.“

In Wahrheit ist sein Traum, Präsident der Vereinigten Staaten zu werden, an diesem Abend ein Stück in die Ferne gerückt. 24 Prozent der Stimmen innerhalb des republikanischen Lagers hat Trump in Iowa bekommen, er landet auf dem zweiten Platz hinter Ted Cruz, dem Tea-Party-Aushängeschild aus Texas.

Denkbar knapp, viel knapper als prognostiziert, liegt er vor dem Drittplatzierten, Marco Rubio, dem aufstrebenden Senator aus Miami. Vielleicht hat sich gerächt, dass er vor Monaten auch die Bewohner des „Hawkeye State“ zur Zielscheibe rhetorischer Rüpeleien machte. „Wie dumm sind die Leute in Iowa?“, fragte er, als der mittlerweile abgedriftete Herzchi­rurg Ben Carson noch der Liebling der lokalen Parteibasis war.

Jetzt macht er einen Rückzieher, für seine Verhältnisse ist es fast ein Kniefall, nur kommt er zu spät. Er liebe Iowa, er komme wieder, flötet Trump, „vielleicht kaufe ich mir hier mal eine Farm.“

Es scheint, als sei es bereits der Anfang vom Ende des Siegeszugs des Trumpismus, der die Ängste der Wähler – vor sozialem Abstieg, vor Terroristen, vor unkontrollierter Einwanderung über die Südgrenze – aufgegriffen und auf eine Weise verstärkt hat, dass die Vereinigten Staaten bisweilen an die Verunsicherten Staaten von Amerika denken lassen.

Der erstplatzierte Cruz jubelt: Dies sei der Erfolg einer mächtig anschwellenden Graswurzelbewegung. Der Harvard-Jurist hat wie kein Zweiter um die Gunst evangelikaler Christen gebuhlt, bisweilen im Ton eines Predigers, der vor dem Jüngsten Gericht warnt. In einer Kirche in der Nähe des Mississippi, der Adventure Community Church in Davenport, stand er am Sonntag unter einem gewaltigen Sternenbanner und sprach in dramatischen Metaphern vom vermeintlichen Niedergang der USA. „Wir stehen am Rand einer Klippe und starren in die Tiefe. Wenn wir nicht umkehren, stürzen wir das grandioseste Land der Welt in den Ruin.“ In der Botschaft ein Trump, im Stil ein Priester, wenn auch einer in Jeans mit texanisch breiter Gürtelschnalle.

Der wahre Sieger bei den Konservativen ist Marco Rubio, kubanischstämmig wie Cruz, nur deutlich optimistischer (Portrait links). Bei den Demokraten ist es Bernie Sanders, der linke Senatsveteran aus Vermont, der de facto triumphiert, auch wenn er sich Hillary Clinton nominell mit hauchdünnem Abstand geschlagen geben muss.

Doch es ist die Entzauberung Trumps, die alles in den Schatten stellt. Am Montagabend hatte sie sich bereits im Kleinen abgezeichnet, bei einem Caucus im Hyvee Center, einer Shopping-Mall in Davenport. Eine Viertelstunde vor Beginn ahnt Scott Lindholm, der ortsansässige Republikaner, der das Procedere im Wahlkreis 84 leitet, dass der Andrang alle Rekorde brechen wird. Mit 125 Wählern, maximal, hatte er gerechnet, Wählern, von denen sich etliche alle vier Jahre neu entscheiden, bei welcher Partei sie votieren. 199 werden es schließlich sein. Die vorbereiteten Stimmzettel reichen nicht, sodass eilends große Bögen pinkfarbener Pappe zu handlichen Stimmkärtchen zerschnitten werden.

Er liebe Iowa, er komme wieder,flötet Trump: „Vielleicht kaufe ich mir hier mal eine Farm“

Bevor es ans Wählen geht, darf ein letztes Mal – zwei Minuten pro Kandidat – geworben werden. Ein Teenager mit Pubertätspickeln, der eine kleine Laudatio auf Donald Trump hält, hört sich an wie ein gelehriger Schüler des Immobilienmoguls. „Trump, das steht für großartigen Kapitalismus. Und das ist es, wohin unser Land zurückfinden muss.“

Ein Versicherungsmakler bricht eine Lanze für Rubio, den er mit Ronald Reagan vergleicht. „Jemand muss uns Amerikaner wieder zusammenbringen. Rea­gan ist das mit seinem Optimismus gelungen, und Rubio wird es auch gelingen.“ Für Jeb Bush legt sich eine Frau aus der Hotelbranche ins Zeug, Susan McKinley aus Tallahassee. „Wer einen Berufsredner braucht, der soll einen Berufsredner bestellen, die Burschen kann man bekanntlich buchen. Jeb steht für Handlungsanleitungen, nicht für Wortgirlanden.“

Nach knapp zwei Stunden steht das Resultat fest. Rubio gewinnt mit 80 Stimmen, Trump (34) wird Dritter, Bush (11) Fünfter. Im gesamten Bundesstaat kommt der Mann, auf dessen Postern nur ein knappes „Jeb!“ steht, auf gerade mal 3 Prozent. 5.235 Iowans geben ihm den Zuschlag. Einst der Favorit, ist er der fast schon bemitleidete Verlierer.

Im Sheraton hat Trump seine Schlappe nach zwei Redeminuten verbal abgehakt, in der dritten klingt er schon wieder so großspurig wie eh und je. „Es gibt da diese brandaktuelle Umfrage“, sagt er. „Nach der liege ich mit 28 Punkten Vorsprung vor allen anderen.“