„Tatort“ aus Dortmund: Familiendrama, Baby!
Es ist zu heiß in Dortmund und der Fall um einen verschwundenen Jungen ist auch noch alt. Wie gut, dass ErmittlerInnen ein Privatleben haben.
Kann man Hitze sehen? Geht es nach dem Dortmunder „Tatort“, dann geht das. Die KommissarInnen um Peter Faber (Jörg Hartmann) schwitzen sich durch ihren achten Fall, erfrischen sich vor Kühlschränken und beneiden Fische im Aquarium.
Die heißesten Tage des Jahres, die sogenannten Hundstage, bilden die Kulisse für ein Familiendrama, in dem Hauptkommissarin Martina Bönisch (Anna Schudt) ein 14 Jahre alter Fall einholt.
Damals war ein kleiner Junge im Park verschwunden, alle Ermittlungen blieben erfolglos. Seine Mutter will den Mittlerweile-Teenager auf der Straße wiedererkannt haben und setzt dessen Familie unter Druck. Ein Mann treibt tot im Hafen und für Faber & Co. stellt sich die Frage, was beide Familien damit zu tun haben. Jeder ist verdächtig.
Es beginnt das übliche Spiel aus „Fährten legen und wieder auflösen“. Wie gut, dass die ErmittlerInnen noch ein Privatleben haben. Das ist Drehbuchautor Christian Jeltsch und Regisseur Stephan Wagner ebenso wichtig wie der eigentliche Fall. In dem Zusammenspiel der vier KommissarInnen liegt die eigentliche Qualität des Dortmunder Tatorts.
Dortmund-Tatort: „Hundstage“, Sonntag, 20.15, ARD
Faber, schnoddrig wie immer, gerät in eine Sinnkrise. Seine „Ich stell mir vor, ich sei der Täter“-Spielchen funktionieren nicht mehr. Sein Zwist mit Oberkommissar Daniel Kossik (Stefan Konarske) eskaliert in einer Schlägerei. Kossik selbst ist immer noch in Kollegin Nora Dalay (Aylin Tezel) verliebt, und Bönisch quälen die Geister vergangener Tage.
Der Kniff: Die privaten Eskapaden wirken sich auf die Auflösung des Falls aus. Hinzu kommen Running Gags wie Fabers Parka (“Ohne den kann ich nicht denken“).
„Hundstage“ beweist: Der Tatort ist bereit, bei der Charakterentwicklung von amerikanischen Serien zu lernen. Das macht Spaß und tröstet über das etwas dröge Standard-Krimi-Vorgehen hinweg.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Trumps Krieg gegen die Forschung
Byebye Wissenschaftsfreiheit
Autobranche in der Krise
Kaum einer will die E-Autos
Menschenrechtsverletzungen durch Israel
„So kann man Terror nicht bekämpfen“
Bürgergeld-Empfänger:innen erzählen
„Die Selbstzweifel sind gewachsen“
Altvordere sollen Linke retten
Hoffen auf die „Silberlocken“
Ungelöstes Problem der Erneuerbaren
Ein November voller Dunkelflauten