heute in Bremen
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"Ein Buch mit Leerstellen"

LESUNG Geschichten der Anti-Atombewegung stellt das Herausgeberkollektiv Tresantis vor

Hauke Benner

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65, Berliner Rentner, Aktivist in der Anti-AKW-Bewegung und ehemaliger Ökologie-Redakteur der taz.

taz: Herr Benner, was hat die Anti-Atom-Bewegung ausgemacht?

Hauke Benner: Die Stärke der Bewegung lag in der Einheit der Vielfalt, durchaus auch weil es dabei ein Zusammenspiel von militanten und friedlichen Aktionen gab. Es war die größte und am besten organisierte Bewegung in Deutschland nach der Studentenbewegung.

Wie sieht die Anti-Atom-Bewegung denn heute aus?

Die ganze Welt glaubt, Deutschland ist 2011 ausgestiegen, deswegen gibt es nur noch punktuelle und lokale Widerstände, beispielsweise bei Zwischenlagern, und keine bundesweiten Bewegungen mehr. Das ist schade, denn das Thema ist nicht vorbei, so lange andere Länder es noch machen. So ist das nur ein halber Ausstieg und kann auch für uns katastrophale Folgen haben.

Ist das Buch eine Art Chronik der Bewegung?

Ja, es geht darin zum einen um die Kämpfe der Anti-Atom-Bewegung, zum anderen um die Atompolitik heute und die daraus resultierenden Aussichten für die Zukunft. Uns war es sehr wichtig, unterschiedlichste Menschen mit ihren Geschichten und Erlebnissen zu Wort kommen zu lassen.

Auch diejenigen, die mittlerweile ziemlich abgedriftet sind, wie Holger Strohm?

Nein, die haben wir nicht berücksichtigt. Die Bewegung bestand aber auch nicht nur aus Holger Strohm.

Aber er war eine Leitfigur – und ist auch in der Abdrift kein Einzelfall …

Stimmt. Die kommen trotzdem nicht vor: Wir verzichten oft auf biografische Angaben. Wir haben die AktivistInnen von damals selber schreiben lassen. Da kommt dann gelegentlich vor, was sie heute machen. Aber das stand nicht in unserem Fokus. Es ist bewusst ein Buch mit vielen Leerstellen.

Wie wollen Sie Menschen erreichen, die nicht selbst Teil der Anti-AKW-Bewegung waren?

Wir werden 45 Minuten aus dem Buch vorlesen, dabei allerdings auch Fotos an die Wand beamen, damit das Publikum ein Gefühl für die Atmosphäre bekommt, die während der Aktionen herrschte. Besonders am Herzen liegt uns auch die anschließende Diskussion.

Interview: Melina Seiler
/bes

Lesung: „Die Anti-Atom-Bewegung. Geschichte und Perspektiven“: 19.30 Uhr, St. Pauli-Str. 10