American Pie
: Der zögerliche Held

Football Das Duell der besten Quarterbacks Peyton Manning und Tom Brady ist bedeutungsvoller denn je. Es könnte das letzte Aufeinandertreffen sein

Das Spiel der Legenden, der Kampf der Titanen, das letzte Kapitel – an Superlativen mangelt es der US-Fachpresse nicht, wenn in der Nacht zum Montag die Denver Broncos die New England Patriots zum AFC Championship Game empfangen. Schließlich treffen mit Peyton Manning und Tom Brady die beiden besten Quarterbacks seit der Jahrtausendwende aufeinander. In der ewigen Diskussion über den besten Spielmacher aller Zeiten sind beide ganz vorne mit dabei. „Niemand hat mehr Respekt für Peyton als ich – außer seinen Eltern und seinem Bruder“, sagt Brady im Vorfeld. „In jeder Phase seiner Karriere war er ein außergewöhnlicher Spieler.“

Ein gut gemeinter Euphemismus: Denn während der mittlerweile 38-jährige Brady aktuell in gewohnter Klasse die „Pats“ lenkt und auf dem Weg zum fünften Super-Bowl-Sieg ist, scheint der Zauber des gar 39-jährigen Manning immer deutlicher verflogen. Mehr noch: Es könnte das letzte Spiel in Mannings langer Karriere werden. 17 Interceptions – jene verheerenden Fehlpässe – warf der 1,96-Meter-Mann in der aktuellen Saison. Derart viele Fehler unterliefen Manning nur in 4 seiner 17 Spielzeiten. Am 15. November der Tiefpunkt: Vier Interceptions und unterirdische 35 Yards Raumgewinn im Spiel gegen die Kansas City Chiefs reichten Broncos-Head-Coach Gary Kubiak, um das Denkmal beim Stand von 0:22 auszuwechseln – eine kleine Demontage.

In den folgenden sechs Spielen fehlte Manning dann mit einer Fußverletzung, der junge Ersatzmann Brock Osweiler machte seine Sache so ordentlich, dass Kubiak sogar auf den 25-Jährigen setzte, als Manning vor dem letzten Saisonspiel wieder fit war. Erst als in jener Partie auch Osweiler schwere Fehler unterliefen, gab es das Manning-Comeback.

Im Gegensatz zu früheren Jahren ist nicht die von Manning geleitete Offensive das Prunkstück der Mannschaft, sondern die Defensive. Vor zwei Jahren noch warf Manning im Offensiv-Spektakel der Broncos 55 Touchdown-Pässe und stellte eine NFL-Bestmarke auf. Dieses Jahr waren es bisher neun. „Unsere Verteidigung hat uns ins Halbfinale gebracht“, betonte auch Manning nach dem 23:16-Viertelfinalsieg über die Pittsburgh Steelers vergangenen Sonntag. In jenem Spiel blieb Manning das erste Mal in dieser Spielzeit ohne Interception – spielte jedoch hauptsächlich sichere Pässe über kurze Distanzen. „Peyton hat das Spiel hervorragend gemanagt und das getan, was nötig war“, analysierte Kubiak – dabei werden im Football zögerliche Quarterbacks ohne Mut zum Risiko als „Game Manager“ belächelt.

Manning gilt allen Großtaten in der regulären Saison zum Trotz eher als tragischer Held in den Playoffs. Seine Siegesbilanz in der regulären Saison steht bei 186:80, in den Playoffs dagegen bei 11:13. Zwar gab es unübertroffene fünfmal die Auszeichnung zum wertvollsten Spieler der regulären Saison, doch gelang nur einziger Super-Bowl-Erfolg, mit den Indianapolis Colts im Februar 2007. Eli, der knapp fünf Jahre jüngere Bruder – talentiert, doch kein ganz Großer – gewann dagegen bereits zwei Meisterschaften als Quarterback der New York ­Giants.

Das Halbfinale der Broncos gegen die Patriots nun ist das mittlerweile 17. Duell Manning – Brady. Elf davon konnte die Neuengland-Legende für sich entscheiden, ist auch dieses Mal klarer Favorit. „Über die Jahre hatten wir mit Peyton ganz schöne Probleme“, zollt auch Patriots-Trainer Bill Belichick dem alten Herrn Respekt. „Es ist unglaublich schwer, ihn zu überraschen. Mit einem so großen Quarterback sollte man keine Spielchen machen.“ Auch nicht in der wohl letzten Partie seiner Karriere. David Digili