LeserInnenbriefe
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Finanzier des Terrors

betr.: „Steinmeier sollte zu Hause bleiben“, taz vom 5. 1. 16

Ich glaube, es ist unverzeihlich dämlich – und dazu auch noch

menschenverachtend –, autoritäre Regime mit „normalen

Wirtschaftsbeziehungen“ zu unterstützen. Die Lage ist extrem unübersichtlich: Saudi-Arabien verletzt aus Überzeugung heraus fundamentale Menschenrechte, wird der Co-Finanzierung des Terrors verdächtigt, ist ein wichtiger Investor und Geschäftspartner in Deutschland. Mit der Flüchtlingskrise und der deutschen Kampfbeteiligung in Syrien sitzen wir auch noch aktiv mitten drin im Krieg. Und der Konflikt breitet sich derzeit immer mehr aus und destabilisiert immer größere Bereiche.

Wenn man die Wirtschaftsbeziehungen außen vor lässt, dann bleibt nur noch die Option, den einen oder anderen Rüstungsexport zu stoppen und symbolisch auf einen Besuch Steinmeiers zu verzichten. „Die Botschaft wäre deutlich“, meint Herr Hagmann. Recht hat er. Mit solch schlapper Symbolpolitik würde Deutschland deutlich zeigen, dass uns die Lage dort im Grunde genommen scheißegal ist. Rainer Sonntag, Essen

Verschleuderung der Ölreserven

betr.: „Eine barbarische Liaison“, „Pumpen am Limit“, taz vom 4. 1. 16

Saudi-Arabien ist bekanntlich schon lange nicht mehr das Land mit den höchsten Ölreserven, sondern liegt – je nach Statistik – auf einem der Folgeplätze 2–x weit hinter Venezuela.

Aber das nur am Rande – ausschlaggebend für die aktuelle Ölpreisentwicklung sind doch sowieso nicht die Reserven, sondern die aktuelle Förderkapazität, bei der Saudi-Arabien weit an der Spitze liegt. Dies ermöglichte es den Saudis, den aktuellen Preisverfall anzuzetteln. Ursprünglich, um unliebsamen Konkurrenten zu schaden. Und nun wird man die Geister nicht mehr los, die man rief, wie Herr Kriener sehr schön in seinem Kommentar beschrieben hat. Die objektive strategische Bedeutung Saudi-Arabiens nimmt nun in dem Maße ab, wie sie ihre Reserven verschleudern. Ich hätte mir gewünscht, dass sie mehr auf die Bedeutung der Förderkapazität und die Ursachen des Preiskampfes eingegangen wären. Thomas Langner, München

Verwundert und verärgert

betr.: „Am Arsch“, taz vom 2./3. 1. 16

So eine Titelseite macht es mir schwer, Abonnentin zu bleiben (neulich „Arschgeige“ in der Überschrift schon auf Seite 2). Ist nicht das, was ich von einer/meiner halbwegs akzeptablen Zeitung erwarte. Sie finden das aber fast alle gut? Verwundert und verärgert! Sibylle Schmidt, Nahrendorf

Absurde Kampagne

betr.: „Werden Vögel für Windparks getötet?“, taz vom 4. 1. 16

Liebe tazler*innen, da hab ich doch letztens erst darum gebeten, nicht unreflektiert dpa-Meldungen abzudrucken. Und jetzt tut ihr es schon wieder! Eine kurze Meldung mit wunderhübschem Bild eines Rotmilans im Flug und die Mitteilung, dass in den letzten 5 Jahren 43 Horste an potenziellen Windenergiestandorten zerstört worden seien. Quelle: Deutsche Wildtier Stiftung. Dass mit Fritz Vahrenholt, dem Vorstand der Stiftung, ein ehemaliger RWE-Manager und Klimawandel-Leugner in Presseberichten zum Kronzeugen des Naturschutzes erhoben wird, zeigt die Absurdität dieser Kampagne. Der Löwenanteil des Rückgangs der Milanbrutpaare geht auf das Konto der industriellen Landwirtschaft. Jutta Paulus,Neustadt an der Weinstraße

Ein ozeanisches Gefühl

betr.: „Die kleine Schwester als Fabeltier“, taz vom 24. 12. 15

Tomm Moores Animationsfilm „Die Melodie des Meeres“ ist eines der großartigsten Kinoerlebnisse, das Kindern (und Erwachsenen) im vergangenen Jahr zuteil werden durfte. Selbstverständlich hat dies auch etwas zu tun mit der im Zeitalter der Computeranimation fast archaisch anmutenden Ästhetik des Films, insbesondere dessen aquarellierten Hintergründen und Landschaftsbildern. Aber eben auch – und da stimme ich mit dem Rezensenten ganz und gar nicht überein – mit der Art und Weise des filmischen Erzählens. Warum ist es eigentlich ein Problem, wenn sich ein Film nicht oder kaum für den Blick seiner Figuren auf die Welt interessiert? Warum fehlte diesem etwas, wenn er nicht „eine Differenz in die entzauberte Gegenwart einträgt“ zwecks Erkenntnisgewinn fürs Reale?

Moores Film ist keine Auseinandersetzung mit Elementen der keltischen Mythologie(n), indem er diese einfach in eine moderne Erzählung überführt. Hier wird keine Fabelwelt entzaubert, weil der Film den Mythos vollkommen ernst nimmt (Warum auch nicht?), und zwar nicht nur als Genre und Leitmotivlieferanten, sondern als eine eigene Form der (Bild-)Sprache, der es gelingt, eine Vorstellung von dem zu geben, was man seit Freud unter „ozeanischem Gefühl“ versteht. Und zwar in einem wortwörtlichen Sinne.

Es geht hier auch weniger um den Blick des Einzelnen auf die Welt, als vielmehr umgekehrt um dessen Verbundenheit und Zusammengehörigkeit mit dem Ganzen. „Erkenntnis“ und „Differenz“ sind der mythischen Sprache fremd; es handelte sich sonst um keinen Mythos mehr. Mario Zehe,Leipzig