Postengeschachere in Berlin: Heilmann formt sich die Justiz
Die Springerpresse macht die Bewerbung der Polizeivizepräsidentin für den Posten des Generalstaatsanwalts öffentlich.
Die Verteilung von Posten ist ein undurchsichtiges Geschachere. Je höher das Amt, um so härter das Ringen der Koalitionspartner, die eigenen Kandidaten durchzudrücken. Über die Regierungszeit hinaus versuchen sich die großen Parteien so Einfluss und Macht zu sichern. Bewerber mit guter fachlicher Qualifikation bleiben da mitunter auf der Strecke. Beliebt ist auch die Methode, Namen von missliebigen Anwärtern an die Presse zu geben – in der Hoffnung, so deren Chancen zu schmälern.
Springers Bild und BZ haben bekanntlich einen engen Draht zur CDU. Polizeivizepräsidentin Margarete Koppers interessiere sich für den Posten des Generalstaatsanwalts, vermeldeten die beiden Blätter am Mittwoch unisono. Claudia Engfeld, Sprecherin von Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) wollte sich dazu am Donnerstag auf taz-Nachfrage nicht äußern: „Diese Information kommt nicht von uns.“ Nur soviel bestätigte Engfeld: Der derzeitige Generalstaatsanwalt Ralf Rother geht Ende August in den Ruhestand. Seit November 2015 ist sein Posten im Amtsblatt ausgeschrieben. Die Frist für das Bewerbungsverfahren ist bereits abgelaufen. Aber solange das Auswahlverfahren nicht begonnen habe, seien auch später eingehende Bewerbungen zu berücksichtigen. Zielvorstellung für die Stellenneubesetzung sei „ein nahtloser Übergang“.
Unbestätigten Gerüchten zufolge haben sich neben Margarete Koppers auch ein Abteilungsleiter der Justizverwaltung und ein Staatssekretär um Rothers Stelle beworben. Dass Springer nur Koppers Namen öffentlich gemacht hat, lässt vermuten: CDU nahestehende Kreise wollen der engagierten Juristin mit der Indiskretion die Bewerbung vermasseln. Schon Innensenator Frank Henkel (CDU) hatte sich 2012 für Klaus Kandt als neuen Polizeipräsidenten und damit gegen Koppers entschieden, die sich seinerzeit auch beworben hatte. Kandt hat ein CDU-Parteibuch. Koppers ist parteilos.
Auch im Fall des Justizsenators Thomas Heilmann wäre es nicht das erste Mal, dass der ein Bewerbungsverfahren in die Länge zieht, weil eine aussichtsreiche Anwärterin nicht die richtige politische Couleur hat.
Die Leitungsfunktion des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg ist seit zwei Jahren nicht besetzt. Beide Länder müssen sich auf einen Kandidaten einigen. Im Bewerbungsverfahren verständigte man sich auf die Juristin Sabine Schudoma als Favoritin. Die 56-jährige Juristin ist seit 2004 Präsidentin des Sozialgerichts. 2012 wurde sie auf Vorschlag der SPD vom Berliner Abgeordnetenhaus zugleich auch zur Präsidentin des Verfassungsgerichtshofes des Landes Berlin gewählt.
Brandenburgs Justizminister Helmuth Markov (Linke) hatte keine Einwände gegen Schudomas Kür zur Landessozialgerichts-Präsidentin. Heilmann indes legte Veto ein und ließ durch sein Senatorenbüro nach einem genehmeren Kandidaten fahnden. Beim Bundessozialgericht in Kassel wurde er fündig. Es zeichnet sich ab, dass der konservative Jurist Martin Estelmann an die Spitze des Landessozialgerichts rückt.
Auch beim Kammergericht hat sich Heilmann durchgesetzt. Die bisherige Präsidentin Monika Nöhre ist Ende 2015 altersbedingt ausgeschieden. Die SPD wollte wieder eine Frau. Heilmann sorgte dafür, dass der bisherige Präsident des Landgerichts Bernd Pickel den Zuschlag bekam.
Am 18. September sind Wahlen. Politisch guter Stil wäre, wenn über die Personalie des Generalstaatsanwalts von der neuen Landesregierung entschieden würde.
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