Svenja Bergt über die Konzentration im Lebensmitteleinzelhandel
: Supermärkte brauchen Vielfalt

Eine hohe Marktmacht der Handelsketten setzt Zulieferer und Hersteller unter Druck

Es gibt hierzulande ein Argument, das immer zieht: Arbeitsplätze. Ausstieg aus der Braunkohle? Zehntausende Jobs bedroht! Ein strengerer Emissionshandel? Die Hälfte der Stellen in der Stahlindustrie wird wegfallen. Die Deutschen kaufen weniger Autos? Oje, die Arbeitsplätze bei den Zulieferern.

Kein Wunder, dass auch die Handelsketten Edeka und Kaiser’s-Tengelmann auf dieses Argument gesetzt haben: Dürfen sie nicht fusionieren, würden zahlreiche Arbeitsplätze verloren gehen, so ihre Argumentation. Mehr als bei einer Übernahme. Dass sich mehrere Bundesländer dieser Ansicht angeschlossen, Wirtschaftsminister Gabriel zu einer Sondergenehmigung gedrängt haben und der Minister dem nachgibt, bedeutet allerdings vor allem eins: Die Konzerne sind mit ihrem Lobbyismus weit gekommen.

Denn die Zahlen sprechen gegen die Fusion: Die großen vier – Edeka, Rewe, Aldi und die Schwarz-Gruppe mit Lidl – stellen laut einer Untersuchung des Bundeskartellamtes 85 Prozent des Marktes. Und die Tendenz geht dahin, immer stärker auf Supermärkte mit großen Flächen zu setzen, damit KundInnen alles an einem Ort finden und sich trotzdem nicht durch enge Regalgänge quetschen müssen. Große Flächen sind aber in verdichteten Ballungsräumen schwer zu finden und in kleinen Dörfern lohnen sie sich nicht – weshalb die Nahversorgung leidet. Ganz abgesehen davon, dass eine hohe Marktmacht der Handelsketten Zulieferer und Hersteller unter Druck setzt und Arbeits- und Lohnbedingungen in den Anbauländern verschlechtert. Kein Wunder, dass sich sowohl Monopolkommission als auch Bundeskartellamt gegen die Übernahme ausgesprochen haben.

Die von Gabriel vorgesehenen Auflagen beschränken sich auf den Aspekt Arbeitsplätze. Die anderen Folgen einer Fusion werden sie nicht mal abfedern. Dabei braucht der Lebensmitteleinzelhandel mehr Vielfalt. Und nicht auch nur ein bisschen weniger.

Wirtschaft + Umwelt