Australische Riesenmine vor dem Aus

Klima II Weltweit sinkt die Nachfrage nach Kohle. Für Down Under hat das Konsequenzen

SYDNEY taz | Im vergangenen Mai entschied sich die Deutsche Bank für Fische statt Kohle: Während der Hauptversammlung bestätigte das Unternehmen, den vom indischen Rohstoffkonglomerat Adani geplanten Ausbau eines Kohleverladehafens an der australischen Küste nicht zu finanzieren.

Nicht einmal ein Jahr später zeigt sich, dass eine Finanzierung in Milliardenhöhe auch wirtschaftlich ein Fehlentscheid gewesen wäre. Denn die von Adani geplante „Carmichael“-Mine, deren Kohle über den Hafen nach Indien hätte verschifft werden sollen, dürfte wohl kaum noch gebaut werden.

Sie rechnet sich schlicht nicht mehr, so dramatisch sind die Preise für Kohle in letzter Zeit gesunken. Die Kosten für die Entwicklung der bis zu 40 Kilometer langen Mine mit einer Gesamtfläche von 270 Quadratkilometern sind bei umgerechnet 10,2 Milliarden Euro veranschlagt. Mit einer geplanten Produktion von 60 Millionen Tonnen Steinkohle pro Jahr über 60 Jahre sollte die Mine die größte der südlichen Hemisphäre werden.

Diese Menge hätte den Ausstoß von enormen Mengen Klimagasen zur Folge, sagen Kritiker. „Wäre die Mine ein Land“, sagt der Experte Tom Swann von der Denkfabrik Australia Institute, „wären die Emissionen aus der Verbrennung der Kohle größer als die von Kuwait, Chile, den Philippinen, Schweden, Griechenland, Norwegen oder Neuseeland.“

Gleichzeitig geht der Welt die Lust auf den Klimakiller Kohle aus, der niedrige Verbrauch drückt die Preise. So ist der Rohstoff auf den Weltmärkten inzwischen zum Schleuderpreis zu haben. Kostete eine metrische Tonne 2011 noch 127,7 Euro, liegt der Preis heute bei knappen 45,9 Euro.

An dieser Entwicklung dürfte sich vorerst wenig ändern, glaubt die International Energy Agency (IEA), sonst kohlefreundlich. Die australische Macquarie Group doppelt nach. Die Prognosen von IEA „stützen unsere Meinung, dass sich Kohle in einem strukturell bedingten Rückgang befindet“, schreibt die Bank.

Niemand kann diese Entwicklung besser bezeugen als Tausende von Angestellten, die in den letzten Monaten in australischen Kohleminen und bei Bergbaudienstleistern ihren bis noch vor Kurzem fürstlich bezahlten Job verloren haben. Vor allem kleinere Unternehmen mit hohen Förderkosten spüren den Schmerz.

Sie haben bei den heutigen Preisen kaum noch eine Überlebenschance. Trotzdem sind noch bis zu 60 weitere Minenprojekte im Bau oder in fortgeschrittener Planung. Viele stehen auf der Kippe – doch Kapital ist so gesucht wie Optimismus. Urs Wälterlin