Meine Angst vor Graf Zahl

Wenn er ins Bild kam, hatte ich Angst, mein Atem stockte. Der Anblick seiner bösen, dreieckig geformten Augenbrauen ließ mich erschaudern. Und wenn er dann auch noch begann zu zählen, war alles aus. Graf Zahl war die Angstfigur meiner „Sesamstraßen“-Kindheit. Er war lilagesichtig, hatte teuflisch spitze Ohren und ebensolche Zähne, den Kragen seines schwarzen Vampirmantels trug er stets steil aufgestellt. Sein Erscheinen begleitete Orgelmusik. Im Hintergrund blitzte und donnerte es. Dann legte er los: „Eins, zwei“, rief er und lachte tiefböse und laut, bevor er unerbittlich weiterzählte. Der Graf war für mich der Inbegriff des Bösen, der fiese Zahlenonkel mit Monokel und Adlernase. Ob es daran liegt, dass ich mit Mathematik nie so richtig warm geworden bin?

VERENA SCHNEIDER, CHEFIN VOM DIENST