Die Wahrheit: Späher an meiner Decke
Der Illuminatenorden hat im Verein mit der Versicherungslobby veranlasst, dass Rauchwarnmelder Pflicht in Wohnungen werden.
S ie leuchten kurz auf. Sie blinken rot alle 46 Sekunden. Der eine im Schlafzimmer, ein weiterer im Wohnzimmer und die beiden im Flur blinken Tag und Nacht alle 46 Sekunden.
Der Rhythmus dürfte nicht zufällig gewählt sein. Durch zwei geteilt zeigt sich die 23, bekanntlich die zentrale Unglücks- und Zerstörungszahl der Illuminaten, die sich natürlich auf den ersten Blick verschleiern, um sich nicht gleich zu entlarven. Buchstäblich offenbar will diese berüchtigte Geheimgesellschaft meine ohnehin bröcklige Geisteskraft zermürben. Womit?
Hilfsmittel sind die Rauchwarnmelder, jüngst eingebaut in meiner Mansarde, die bereits mehrmals schrillten, weil irrigerweise bedrohlicher Rauch zu melden war. Außer mir mussten Abertausende Mieter in Bremen, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt unlängst Fachkräften die Wohnungstür öffnen, die Rauchwarnmelder an die Decke zu schrauben hatten. Das entsprechende Gesetz hatte die Vermieter verpflichtet, zum 31. Dezember sämtliche Wohnungen damit zu bestücken. Dass dahinter mutmaßlich der Illuminatenorden im Verein mit der Versicherungslobby steckt, ist mit Händen zu greifen.
Als Indizien verdichten einige Erlebnisse binnen weniger Tage die Verschwörungstheorie, drei davon schildere ich hier indiskret. Das erste Vorkommnis entsprang der Notwendigkeit, ab und zu die Kochplatten zu reinigen, wofür man sie am Ende hoch erhitzen muss, um das Mittel verdampfen zu lassen. Alarm! Schon allein dies hat mich zerrüttet, ich koche nicht mehr. (Es gibt hier keine Tür zum Flur, der Vormieter hatte stattdessen eine Western-Saloon-Pendeltür eingefügt.)
Als ich kurz darauf bei geöffneter Badezimmertür duschte: Alarm! (Die schmerzhafte Anekdote zu erzählen, wie ich aus der Wanne stieg und klatschnass zum Rauchwarnmelder rutschte, um die Warnung abzustellen, würde zu weit führen.) Im Übrigen halte ich dieses Verbot des Duschens bei offener Tür für grundgesetzwidrig.
Drittens zerrt an den Nerven – sobald ich mitten in der Nacht erwache und daraufhin, um wieder einzuschlafen, rücklings lese – unweigerlich den Melder beim regelmäßigen Aufglimmen anzustarren.
Meine ungelenke Darstellung oben mag von verzerrten Überempfindlichkeiten beeinflusst sein, obendrein würde ich all diese Einbußen demütig billigen (Schmerzensgeld?), wären die Melder nicht mit einem Sender versehen. Werden sie aus der Ferne überwacht? Was bekommen die Kontrolleure mit? Diese Fragen haben sich auch andere Mitbürger gestellt, jedenfalls klagt ein Zeitgenosse vor dem Bundesverfassungsgericht, weil der Melder wie ein „kleiner Big Brother an der Zimmerdecke hängt und die Wohnung ausspäht“. Sein Anwalt argumentiert, der Einbau des Funk-Rauchmelders verstoße unter anderem gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und das Recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung.
Kurzum: So nah liegen die Machenschaften des Illuminatenordens und die Überwachungsgesellschaft beieinander.
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