Porträt
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Da lacht er: Trainer Thomas Schaaf ist wieder im Norden  Foto: dpa

Der Fuß-Fassen-Woller

Da werden sie also heute um 13 Uhr nebeneinander sitzen, an ihrem ersten Arbeitstag bei Hannover 96, Christian Bönig, der neue Pressesprecher und Thomas Schaaf, der neue Trainer. Trafen sie sich früher, dann als Gegner bei Spielen des FC St. Pauli gegen Werder Bremen, ihren alten Arbeitgebern. In Erinnerung ist besonders die Pressekonferenz nach dem Pokal-Aus von Werder auf dem hart gefrorenen Millerntorplatz im Jahr 2006 geblieben, als Bönig den genervten Schaaf wegen des dichten Gedränges durchs Fenster des alten Klubhauses zum Bus führen musste.

Während die Verpflichtung des schon vor einem halben Jahr bei St. Pauli entlassenen Bönig keine große Überraschung ist, ging nach der Bekanntgabe der Trainerpersonalie ein Raunen durch die Fußballszene. „Warum tun sie sich das an?“, fragten sich viele und meinten beide Parteien, den Klub und den Trainer. Schaafs erster Versuch außerhalb von Bremen als Trainer Fuß zu fassen, war im Sommer bei Eintracht Frankfurt nach nur einer Saison gescheitert. Schaaf fühlte sich und seine Arbeit diskreditiert und empfand zu wenig Rückendeckung durch Vorstand und Aufsichtsrat. Damit meinte er wohl den immer stärker werdenden Vorwurf, er rede nicht mit den Spielern.

Nun wird in das Verhältnis von Fußballteams viel hineininterpretiert – aber wer Schaafs Werdegang in Bremen verfolgt hatte, sah diesen in Frankfurt wie im Zeitraffer wiederholt. Seine Stärke, Bindungen zu Spielern aufzubauen, ihnen Vertrauen zu geben und Verantwortung zu übertragen, hatte sich am Ende seiner Bremer Zeit in Sprachlosigkeit verwandelt. Und das anfangs offene Verhältnis zu den Medien war immer mehr von Misstrauen geprägt. Beides kann man verstehen: die Distanz zu Spielern, die schon mit 18 Jahren mit Ego bis unter die Haarspitzen vollgepumpt sind. Und zu Medien, die für ihre Interessen jeden Respekt opfern.

Deshalb stellt sich die Frage erst recht: Warum tut er sich das an? Noch dazu als Feuerwehrmann beim Abstiegskandidaten Hannover 96. Statt irgendwo Nationaltrainer zu werden oder Sportdirektor oder etwas anderes, wo er aus dem täglichen Rampenlicht heraus wäre.

Er will noch einmal zeigen, dass er es kann, sich und den anderen. Und wenn das schon so ist, ist Hannover keine schlechte Wahl. Dort wird er nicht nur mit Mannschaftskapitän Christian Schulz auf einen alten Schützling und Spielertypen seines Geschmackes treffen. Sondern auch auf den Patriarchen und Vereinspräsidenten Martin Kind, der keine Vielstimmigkeit wie in Frankfurt aufkommen lässt. Und für den Umgang mit den Medien hat er ja jetzt Christian Bönig, der ihm schon mal im dichten Gedränge den Ausweg gezeigt hat. RLO