Der Transit-Demonstrant

Er will zurück in seine Heimat, aber er darf nicht einreisen. Vier Mal ist Feng Zhenghu seit Juni von Tokios Flughafen Narita nach Schanghai geflogen, vier Mal setzten ihn Chinas Behörden wieder mit Gewalt ins Flugzeug. Weitere vier Mal wurde er bereits in Japan vom Einsteigen abgehalten, weil die Fluglinie ihn auf Druck Chinas nicht mitnehmen wollte. Anfang November drehte der Menschenrechtler den Spieß um: Seitdem weigert er sich, den Transitbereich des Flughafens zu verlassen. Im Südflügel von Terminal 1 demonstriert er täglich für sein Recht auf Heimkehr.

Auf seinem T-Shirt steht in Englisch und Chinesisch: „China Schanghai – chinesischem Bürger wurde die Rückkehr nach China acht Mal verweigert“. In seinem Internetblog schreibt er, er wolle zurück nach Hause und die Weltausstellung in Schanghai sehen. Die ganze Welt ist nächstes Jahr zu dieser Expo eingeladen – aber Feng soll draußen bleiben. Denn der 55-jährige Wirtschaftswissenschaftler ist Chinas Behörden seit Jahren ein Dorn im Auge.

Von 2001 bis 2004 saß er im Gefängnis, weil er in einem Buch Chinas Vorschriften für Auslandsinvestitionen kritisiert hatte. Offiziell wurden ihm „illegale Geschäfte“ vorgeworfen. Er gehört zu einer Gruppe von Dissidenten, die sich „Verteidiger der Menschenrechte“ nennen und für mehr Demokratie und Transparenz in China kämpfen.

Feng hat ein japanisches Visum und könnte deshalb anders als der fiktive Viktor Navorski alias Tom Hanks im Film „Terminal“ den Flughafen jederzeit verlassen. Doch über sein Mobiltelefon erklärt er, lieber in einem chinesischen Gefängnis zu schmoren, als frei in Japan zu leben. Dorthin war er nach der Niederschlagung der Demokratiebewegung 1989 emigriert, aber 1999 nach China zurückgekehrt, um eine Firma aufzumachen.

Japans Grenzpolizei drängte Feng zunächst zur Aufgabe, zumal sein Protest die Beziehungen zwischen Tokio und Peking belasten könnte. Chinas Vizepräsident kommt bald nach Japan. Doch inzwischen wird Feng in Ruhe gelassen. Passanten stecken ihm Geld für Essen zu. Über seine Habseligkeiten am Flugsteig 31 hat er ein Transparent gespannt: „Chinas Regierung ist beschämend“. MARTIN FRITZ