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RELIGION Was haben Luke Skywalker und Jesus gemeinsam? Ein „Star Wars“-Gottesdienst mit kostümierten Besuchern gibt Antworten und überzeugt ganz ohne Special Effects

Nein, das ist nicht der Pfarrer: beim „Star Wars“-Gottesdienst in der Zionskirche Foto: Jörg Carstensen/dpa

von Andreas Hartmann

Ein Junge hat sich tatsächlich getraut, sich in voller Darth-Vader-Montur inklusive Darth-Vader-Maske einfach auf eine der Bänke in der Zionskirche in Prenzlauer Berg zu setzen. Darth Vader, das ist natürlich allgemein bekannt, ist das personifizierte Böse, ein ehemaliger Jedi-Ritter, der sich irgendwann zur dunklen Seite der Macht bekannt hat, ein gefallener Engel also, so wie der Teufel in der christlichen Mythologie. Aber letztlich ist auch Darth Vader nur ein Mensch, ein Geschöpf Gottes, würde die Kirche sagen, also umso besser, wenn selbst er den Weg in das Haus Gottes findet.

Die beiden Vikare Ulrike Garve und Lucas Ludewig haben sich für den Gottesdienst in der evangelischen Kirche am Zionskirchplatz etwas Besonderes einfallen lassen: Einen „Star Wars“-Gottesdienst. Dazu wurden die Kirchgänger ausdrücklich aufgefordert, ruhig in „Star Wars“-Uniformierung aufzulaufen. Neben Darth Vader sah man vor allem einige Jedi-Ritter mit Lichtschwertern in der Kirche, die meisten der Messebesucher begnügten sich jedoch damit, mit „Star Wars“-T-Shirt oder -Mütze zu kommen.

„Star Wars“, das Epos von George Lucas, ist längst eine eigene Religion, sagen viele, ein Kult von ungeheurem Ausmaß, wie sich angesichts des Rummels um die neue Folge der Saga in den Kinos mal wieder zeigt. Deren Philosophie beim Kampf des Guten gegen das Böse in einem christlichen Gottesdienst zu verweben, dafür braucht es schon ein wenig Mut, schließlich hat die Kirche gehörig Angst davor, ihren Einfluss einzubüßen, da immer mehr Menschen sich Ersatzreligionen, wie „Star Wars“ es inzwischen auch ist, zuwenden würden.

Andererseits schrieb schon die evangelisch-­methodistische Monatszeitschrift Kirche und Welt vor elf Jahren: „Gerade weil Themen wie Erlösung oder Verführung in den ‚Star Wars‘-Filmen eine sehr große Rolle spielen, lohnt es sich, sich damit auseinanderzusetzen.“ Und genau das haben die beiden Vikare nun getan. Sie haben dabei keinen Mummenschanz aufgeführt, keine Special-Effects-Orgie. Sie haben aus ihrem Gottesdienst auch keine reine Werbeveranstaltung für den neuen Teil der „Star Wars“-Saga gemacht, sondern geschickt christlich konnotierte Motive des Hollywood-Epos in ihrer Predigt verarbeitet. Immer wieder wurden die berühmten Themen der „Star Wars“-Musik auf der Orgel gespielt, jedoch eher leise und zurückhaltend, auf Überwältigungseffekte, von denen die „Star Wars“-Filme so voll sind, wurde verzichtet.

„Star Wars“ ist längst eine eigene Religion, ein Kult von ungeheurem Ausmaß

Mehrere Filmausschnitte aus „Episode VI – Rückkehr der Jedi-Ritter“ wurden gezeigt. Vor allem Szenen, in denen Darth Vader versucht, seinen Sohn Luke Skywalker, Anführer der Rebellen und damit der Guten, auf die dunkle Seite der Macht zu bringen. Auch einen Lichtschwerterkampf bekam man zu sehen. Am Ende besiegt Luke Skywalker Darth Vader, tötet ihn aber nicht, sondern fährt sein Lichtschwert ein. „Luke Skywalker erstaunt mich“, erklärte Vikarin Ulrike Garve. „Was sieht er in Darth Vader?“, fragte sie, „er sieht den Menschen. Er sieht das Gute.“ Eine Umkehr ist möglich, führte sie fort, selbst für Darth Vader. Und Luke Skywalker verglich sie dann sogar mit einem ganz Großen: „Er glaubt an das Gute. Wie Jesus.“

Entlassen wurde die Gemeinde mit den Worten: „So möge die Macht Gottes mit euch sein!“ Da soll noch jemand sagen, christliche Würdenträger haben keinen Sinn für Humor und Ironie. Danach verließen die beiden unter heftigen Applaus die Kirche. Nicht wenige aus dem Saal packten danach bestimmt ihre Lichtschwerter und pilgerten umstandslos zur nächsten Messe, zur Vorführung von „Star Wars – Das Erwachen der Macht“ im nächsten Kino.