Einmal Frieden noch

MINIMALISMUS Zartglitzernd-traumtänzerische Filigran-Elektronik: Christian Naujoks nimmt am Hamburg-Altonaer Holzhafen an einem Klavier Platz, und heraus kommt eine Musik, die noch der schlimmsten Familienfeierschwere den Stachel nehmen könnte

Da kommt einiges zusammen. Christian Naujoks hat einen Indierock-Hintergrund, ein wenig so wie James "LCD Soundsystem" Murphy: Wo der New Yorker aber aus alten und weniger alten Leidenschaften eine durchaus als rockistisch (miss-) zu verstehende Idee von Dancefloor-Wumms destillierte, stellt der Berliner einerseits das Innerliche aus, das so viele junge Männer an ihre Stromgitarren treibt – und diktiert sich andererseits eine Unterkühltheit, ja: Strenge, die dem betont Lebendigen, dem Ausbrechen-Wollen des Rock denkbar abgewandt erscheinen muss.

Spätestens mit seinem zweiten Album, "True Life/In Flames" (2012) war Naujoks dann Teil jenes kleinen großstädtischen Klavier-Revivals um Typen wie Nils Frahm: Darauf bietet er eine wie dahingetupfte, tja, Ambientmusik im Sinne etwa Erik Saties. Denkbar zart ist auch sonst gerne, was Naujoks nicht nur den einschlägigen Geräten entlockt, sondern zunehmend dann auch Instrumenten wie dem Klavier oder der Marimba. Wer aber von der Marimba spricht, kann kaum schweigen von der US-amerikanischen Minimal Music der 1970er- und folgenden Jahre. Und deren kalte, klare Schönheit hat auf Naujoks' Tun wohl noch mehr Einfluss genommen als die anderen Künstler des Hamburger Elektroniklabels Dial, wo Naujoks veröffentlicht.

Das aber auch nur unter anderem: Diesen Samstag zum Beispiel stellt er eine neue Single auf dem Berliner Label "Martin Hossbach" vor, nicht zum ersten Mal, die aber nicht auf Vinyl erscheint, sondern als Download, klar – und auf Cassette. Ja, genau, dieses Retrodings mit Magnetband drin und, empirisch belegt, begrenzter Lebendauer. Deren erste Exemplare sollen angeblich mitkommen, wenn Naujoks und der Labelchef nun nach Hamburg kommen. Erst spielt der eine, dann legen beide auf, und im Zuhörer-Herzen mag sich diese friedliebende, aber nicht naive Musik schützend ausbreiten gegen den Stress, der da kommt. ALDI

Sa, 19.12., 21 Uhr, Hamburg, Golem