Gericht stärkt die Rechte lediger Väter

SORGERECHT Urteil des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofs: Gemeinsames Sorgerecht für Kinder soll künftig auch gegen den Willen der Mutter durchgesetzt werden können. Bundestag muss Gesetze ändern

FREIBURG/BERLIN taz | Nichteheliche Väter bekommen bald eine Möglichkeit, das gemeinsame Sorgerecht für ihr Kind auch gegen den Willen der Mutter durchzusetzen. Dies entschied gestern der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg. Geklagt hatte ein Vater aus Köln. Der Bundestag muss nun das deutsche Familienrecht ändern. Bisher kann in Deutschland eine nichteheliche Mutter frei entscheiden, ob sie das Sorgerecht mit dem Kindsvater teilt oder das alleinige Sorgerecht für sich behält. Dies hielt der Straßburger Gerichtshof für einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Väterrechte. „Damit hat der Gerichtshof das Recht des Kindes auf beide Eltern gestärkt“, erklärte Anwalt Georg Rixe, der das Urteil erstritten hat.

In der Politik fielen die Reaktionen überwiegend positiv aus. „Wir wollen ja die neuen Väter“, sagte Ekin Deligöz, Kinderexpertin bei den Grünen, die sich dafür ausspricht, dass Väter einen Antrag auf Sorgerecht stellen können sollten. „Wir wollen aber auch, dass Richter über das Kindeswohl wachen und im Einzelfall eine andere Entscheidung treffen.“ Caren Marks, frauen- und kinderpolitische Sprecherin der SPD, sagte: „Die Hauptsache ist, dass wir kein Sorgerecht von Mutters Gnaden mehr haben. Ledige Väter müssen ebenso Zugang zu ihrem Kind haben wie geschiedene.“ Die Linke ist für eine völlige Gleichstellung mit Verheirateten. Die Union spricht sich für eine Antragslösung aus: „Entscheidend muss das Kindeswohl sein“, sagt Dorothee Bär, familienpolitische Sprecherin der Union. Sie „hielte es für richtig, wenn in Zukunft im Einzelfall durch das Familiengericht geprüft wird, ob eine gemeinsame Sorge im Interesse des Kindes liegt“. Sie spricht sich aber für eine enge Auslegung dieses Rechts aus: Anhaltspunkte für eine gemeinsame Sorge könnten für sie sein, dass eine Kommunikation und Kooperation über sorgerechtsrelevante Punkte zwischen den Eltern grundsätzlich möglich ist. Aus dem Justizministerium hieß es, dass Ende 2010 eine Studie vorliegen werde. „Wann und warum es trotz der Möglichkeit gemeinsamer Sorge beim alleinigen Sorgerecht der Mutter bleibt, steht im Mittelpunkt der Untersuchung.“

Schwerpunkt SEITE 3

Meinung + Diskussion SEITE 12