Der Sonderwunsch gehört zum Konzept

Fast food Ein Gastro-Experte sieht darin eine Antwort auf die Globalisierung: Edel handgemachte Bulettenbrötchen erschweren den großen Ketten das Geschäft – dabei kommt es mit einem kräftigen Preisaufschlag daher. Beide bedienen unterschiedliche Vorlieben

Gastro-Experten schätzen die Zahl der alternativen Burger-Anbieter auf 200 deutschlandweit.

Hamburger – und damit alle weiteren Burger – wurden erst Teil des deutschen Gastronomie-Angebotes, nachdem Mc Donalds 1971 seine erste Filiale in Deutschland eröffnet hatte.

Warum der Hamburger Ham­burger heißt und wer ihn tatsächlich erfunden hat, darum ranken sich auch in den USA zahlreiche Mythen und Legenden. Fest steht, dass in amerikanischen Rezeptbüchern um 1900 gebratenes Hackfleisch als „Beefsteak Hamburger Art“ beschrieben wurde.

Alle Burger-Grills beanspruchen für sich, den „besten Burger der Stadt“ anzubieten. Was am anderen Ende darüber gedacht wird, und wie „beste Burger“ wirklich sein sollen, darüber wird auf fleisch.de ausgiebig diskutiert. DAH

Die Männerrunde amüsiert sich. „Das ist also James Dean“, rufen die Jungs belustigt und wünschen ihrem Kumpel guten Appetit. Denn James Dean ist ein 3,49 Euro teurer Burger mit 62,5 Gramm Rindfleisch und einer Scheibe Käse. Er teilt sich den Platz auf der Speisekarte mit vielen anderen Filmkollegen wie Marilyn Monroe oder Charles Bronson. Zu bestellen sind die appetitlichen Schauspieler in der Burgerlounge, einem der zahlreichen Läden in Hamburg, die frisch zubereitete Burger fernab der Fast-Food-Ketten in allen möglichen Variationen anbieten.

Während an diesem Platz in der Lübecker Straße 25 A ­in Wandsbek schon länger frisch zubereitete Burger serviert werden, kommen seit einigen Jahren nicht nur in Hamburg immer mehr Anbieter auf den Markt. „Ja, den Siegeszug der Burger kann man sehr wohl als neuen starken Trend bezeichnen“, sagt der Pressesprecher des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes, Christopher Lück. Das übergeordnete Thema dieses Trendes sei das „neue Verständnis für Qualität“ und die „großen Sympathien der Verbraucher für Handgemachtes und Frisches.“

Die guten Zutaten sind für Andreas Lübcke der Grund, warum er seine Burger als „beste Burger in Hamburg“ bezeichnet. „Wir machen ganz viel selber“, sagt Lübcke und erklärt stolz, dass sie das Bio-Rindfleisch von dänischen Bauern frisch durch den Wolf drehten. Der Gastronom freut sich über den aktuellen Burger-Trend, für den er sich mitverantwortlich fühlt.

Als „Mutter aller Burger-Läden“ bezeichnet Lübcke sein 2005 eröffnetes Lokal „Old Mac Donald“ im Stellinger Weg in Eimsbüttel. „Ich wollte den Burger aus der Schmuddel­ecke rausholen und ganz einfach bessere Burger anbieten.“ Nachdem er viel „Erziehungsarbeit“ habe leisten müssen dahingehend, dass ein „guter Burger auch mehr kosten darf als ein Euro“, freut er sich nun über das neue Qualitäts- und Geschmacksbewusstsein der Verbraucher. Das ermöglichte ihm, einen weiteren Laden in der City zu eröffnen und es führt zu zahlreichen anderen Burger-Angeboten.

Die Möglichkeit, seine Burger-Bestandteile individuell zu bestimmen und zu kombinieren ist für den Kulturwissenschaftler Günther Hirschfelder einer der vielen Gründe, warum sich die „besseren Burger“ derzeit solcher Beliebtheit erfreuen: Soll die Bulette medium, gar oder gar nicht aus Fleisch sein, das Brötchen aus Sauer- oder Hefeteig, die Beilage Salz- oder Süßkartoffeln? „Die Leute wollen zum einen individuell sein und zum anderen gerne interagieren“, sagt Hirschfelder und weist darauf hin, dass der Sonderwunsch des Gastes im Burger-Laden nicht störend, sondern vielmehr Konzept sei.

Sehnsucht nach Einfachem

Außerdem spiegelt sich für Hirschfelder im Burger-Trend eine gewisse Sehnsucht nach dem Einfachen: „Die vielen ethnischen Formen des Essens und die Globalisierung werden uns zu viel, da bietet der persönlich und individuell zubereitete Burger mit Zutaten aus der Region so was wie eine Identifikationsmöglichkeit.“

So gibt es in den einzelnen Läden nicht nur die verschiedensten Burger-Kreationen mit Namen wie „Italian Gigolo“, „Spicy Chili-Chipotle“ oder „Kreatur-Burger“ – von „James Dean“ und „Marilyn Monroe“ mal ganz abgesehen. Sie sind auch vom Ambiente her völlig unterschiedlich aufgemacht.

Da gibt es die Burger-Läden im amerikanischen Retro-Stil mit roten Ledersitzen, vielen Schwarz-Weiß-Fliesen und Plakaten von Filmstars, wie die Burgerlounge oder die Hollywood Canteen. Da gibt es klassische Eckkneipen, die nun auch Burger anbieten, so unter anderem Old Mac Donald. Und da gibt es die Läden mit großstädtischer Hipster-Anmutung wie das Burger Lab im „New York Style“ oder Otto's Burger, der in London erdacht wurde und in Hamburg hergestellt und serviert wird.

Das Original: Otto Kuases deftige Stulle

Mit diesem Namen will der Burger-Anbieter an die Sagen umwobene Geschichte des Hamburgers erinnern. Eine der vielen Versionen legt den Beginn des amerikanischen Nationalgerichtes in die Hände des Hamburger Kochs Otto Kuase, der Ende des 19. Jahrhunderts Seefahrern zwischen Hamburg und New York „Deutsches Beefsteak“ zwischen zwei Brotscheiben angeboten haben soll, nach kurzer Zeit einfach nur „Hamburger“ genannt.

Ob man nun dieser oder aber anderen Geschichten glauben mag – das Frikadellenbrötchen musste erst aus Amerika als Hamburger (zurück)kommen, um in Deutschland bekannt und nun auch als vollwertiges Essen anerkannt zu werden, und das nicht nur im namensgleichen Hamburg. Darijana Hahn