Der Lobbyist der Woche
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Asket fürs Grundeinkommen

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Für das bedingungslose Grundeinkommen kämpfen Basisini­ti­a­­tiven bislang nur mit Unterstützung weniger Prominenter – etwa des Drogeriekettengründers Götz Werner. Doch zur Jahreswende jedoch sie einen einflussreichen Mitstreiter gewonnen: den Chef des DAX-Konzerns Telekom Timo­theus Höttges (Foto). „Es geht um die Frage, wie wir ein faires System für eine Welt von morgen schaffen“, sagte er der Zeit.

Weil die digitale Revolution Gesellschaft und Arbeitswelt grundlegend verändere, brauche es für den Erhalt der Sozialsysteme „unkonventionelle Lösungen“, begründete der Topmanager sein Plädoyer für ein allgemeines Grundgehalt ohne Gegenleistung. Der 53-jährige Höttges ist bisher nicht als egalitärer Weltverbesserer aufgefallen. Umgehend nachdem die EU im Herbst die Netzneutralität eingeschränkt hatte, präsentierte der hagere Asket ein Geschäftsmodell für ein Mehr-Klassen-Internet mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten. Der studierte Betriebswirt trägt Maßanzüge, aber wenn es seinem Ansehen dient, zeigt er sich auch gemeinsam mit Telekom-Technikern im Blaumann. Dass deren Seele ab und zu gestreichelt werden muss, dürfte er aus seiner ­Lektüre der Zeitschrift Psycho­logie heute wissen, die er in jüngeren Jahren abonniert hatte.

Finanziert werden soll das bedingungslose Grundeinkommen nach Höttges’ Vorstellungen mit Steuern, die Internetkonzerne zahlen sollen – also die Konkurrenten der Telekom, die sich anders als das Bonner Unternehmen bislang weit­gehend um Abgaben an den Fiskus drücken können. Ein geschickter Schachzug, die Wettbewerber öffentlich anzuprangern und den eigenen behäbigen und kundenfeindlichen Konzern in ein gutes Licht zu stellen.

Egal. Der Sache des bedingungslosen Grundeinkommens dient der Vorstoß des Managers. In vielen Ländern ist die Diskussion über das Konzept längst entbrannt, die Schweizer stimmen demnächst darüber ab. Nur in Deutschland steckt das Grundeinkommen in einer Nischendiskussion fest, weil es – vielleicht: noch – keine große Lobby dafür gibt. Anja Krüger